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Aktuell

Von – 1. Dezember 2000

Bewegung muss wieder Freude machen

Nach einer Brustkrebsoperation müssen Frauen ihr eigenes Körpergefühl und Selbstvertrauen wiedergewinnen Bewegung und Gymnastik helfen dabei.

Chemotherapie, Reha, eventuell Krankengymnastik. Dann endlich wieder selbst aktiv werden dürfen. Der Arzt hat es erlaubt und befürwortet. Aber wie? Und wo?

Fitnessstudio? Zu hart, zu anstrengend, zu unsensibel. Gymnastik im Sportverein? Vielleicht gucken die da komisch, wenn ich nicht alles mitmachen kann. Schwimmen gehen? Zu einsam. Autogenes Training? Zu wenig Bewegung. Und schließlich der Sport ist ja nicht alles. Auch der Austausch mit anderen Frauen in ähnlichen Situationen wäre schön!

Spezielle Angebote für Menschen nach einer Operation gibt es noch viel zu selten obwohl die Zahl der Brustkrebsoperationen zunimmt. Dabei ist bekannt, dass Bewegung das Immunsystem stärkt und es gerade für Krebspatientinnen besonders wichtig ist, die Signale ihres Körpers wahrzunehmen und auf sie zu hören.

Die Evangelische Familienbildung hat deshalb schon vor Jahren einen eigenen Gymnastikraum eingerichtet. Er ist nicht so riesig und unpersönlich wie öffentliche Sporthallen, sondern hat eine warme und freundliche Atmosphäre.

Neben einem leichten Allgemeintraining trainiert Kursleiterin Jutta Hopf mit den Frauen eher spielerisch die durch die Operation eingeschränkte Beweglichkeit des Arm- und Schulterbereichs. Wichtig sei es, sich bei den Übungen nicht zu überfordern, sondern neue Freude an der Bewegung zu bekommen. Dafür sind Musik und tänzerische Elemente hilfreich. Gerade nach einer Brustoperation ist bei vielen Frauen die weibliche Identität stark beeinträchtigt, weiß Hopf aus vielen Gesprächen mit Kursteilnehmerinnen, da bringt Bewegung das eigene Körpergefühl wieder positiv in Erinnerung.

Eine Übung, die man auch gut zu Hause mal ausprobieren kann, ist zum Beispiel folgende: Man geht zunächst vornübergebeugt und mit hängenden Schultern durch den Raum, dann, in einer zweiten Übung, aufrecht und mit einem Lächeln auf den Lippen: Für viele Frauen, erzählt Hopf, ist das ein Aha-Erlebnis.

Ganz wichtig seien aber auch Entspannungsübungen, wie etwa Phantasiereisen. Nach der Stunde fühle ich mich immer viel frischer und entspannter, erzählt eine Teilnehmerin., mir macht es einfach Spaß, mich zu bewegen, das gibt mir Kraft. Die Krankheit habe sie gelehrt, wie wichtig es ist, jeden Tag eine Stunde etwas für sich selbst zu tun. Erfahrungsgemäß geht das unter professioneller Anleitung und gemeinsam mit anderen im Alltag meist besser als allein.

Wir wollen nicht dem Körperkult der Fitnessgesellschaft folgen, sondern den sensiblen Umgang mit dem eigenen Körper. erläutert die Leiterin dieses Arbeitsbereichs, Ursula Grebe, das Konzept.

Vor zehn Jahren war Brustkrebs ein noch größeres Tabuthema als heute. Mittlerweile wird etwas offener damit umgegangen, wenn auch immer noch nicht offen genug. Wichtig ist, dass Frauen sich dann nicht in eine Außenseiterrolle drängen lassen, sondern sich soziale Zusammenhänge suchen, die sie stützen und ihnen ermöglichen, ganz normal zu leben.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Dezember 2000 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".