Das Leiden und Sterben von Papst Johannes Paul II. und die Wahl seines Nachfolgers Benedikt XVI. (Foto) hat die Augen einer breiten Öffentlichkeit nach Rom gerichtet. Worauf gründet sich eigentlich dieses Amt – und welche Bedeutung hat es für evangelische Christinnen und Christen? Das Papstamt wird auf den Apostel Petrus zurückgeführt und ist die tragende Säule der römisch-katholischen Kirche. Es zeigt und garantiert deren Einheit; der Papst gilt als Stellvertreter Christi auf Erden und oberster Hirte der Gesamtkirche. Er besitzt gemäß dem Ersten Vatikanischen Konzil von 1870 „die volle und oberste Gewalt der Rechtsbefugnis über die ganze Kirche“ sowie die Unfehlbarkeit in Glaubens- und Sittenfragen. Für die reformatorischen Kirchen dagegen besitzt der Papst keine konstitutive Bedeutung. Er ist schlicht entbehrlich.
Auch die Evangelischen sehen sich natürlich mit Christus verbunden und in der Nachfolge der Apostel, verdanken dies aber nicht dem Petrus amt, sondern allein dem durch den Heiligen Geist vermittelten und in der Bibel festgehaltenen Glauben an die Botschaft Jesu. Auch die orthodoxen und die anglikanischen Kirchen lehnen übrigens die Vorrangstellung des Papstes ab. Sie beanstanden die faktische Überordnung des Papstes über die Heilige Schrift und bezweifeln, ob es überhaupt biblische Grundlagen für ein solches Amt gibt. Entscheidend ist dabei das Verständnis des Bibelverses: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen.“ (Matthäus 16, 16ff). Für evangelische Ausleger wird hier nur dem Apostel Petrus selbst eine fundamentale Bedeutung für die Gemeinde zugesprochen, wäh rend katholische Ausleger meinen, die Stellung des Petrus sei wiederholbar, und es werde somit ein festes „Petrusamt“ begründet. Die Evangelischen weisen auch die katholische Auffassung zurück, dass es verschiedene Autoritätsstufen des Verkündigungsamtes gebe und dass Frauen davon ausgeschlossen seien. Evangelische Bischöfinnen oder Kirchenpräsidenten nehmen zwar besondere Leitungsaufgaben wahr, allein aus ihrer Stellung erwächst ihnen jedoch keine höhere geistliche Autorität. Die Position eines gemeinsamen Sprechers und Repräsentanten für eine die Konfessionen übergreifende Gemeinschaft der Christinnen und Christen könnte vielleicht dennoch sinnvoll sein. Tatsächlich gibt es von katholischer Seite Überlegungen, die Vorrangstellung des Papstamtes nicht als Herrschaft über die Kirche zu sehen, sondern als Dienst an der universalen Einheit des Christentums. Ein Petrusdienst, der über die Grenzen der Konfessionen hinaus Profil gewinnt und Anerkennung findet, müsste die anderen christlichen Kirchen als eigenständig anerkennen, ihnen gegenüber auf seine umfassende Lehr- und Weisungsvollmacht verzichten und die Heilige Schrift als alleiniges Maß für christliche Lehre anerkennen – und nicht zuletzt jede höfische Prachtentfaltung aufgeben.