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Von – 1. September 2006

Altäre, die keine sind

Der erste Altar, von dem in der Bibel die Rede ist, wird nach der Sintflut von Noah aus aufgeschichteten Steinen unter freiem Himmel errichtet. Noah legt geschlachtete Tiere obenauf und zündet sie an – ein Opfer für Gott, dem der Rauch lieblich in die Nase steigt, und der deswegen beschließt: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen. Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Das auf dem Altar dargebrachte Opfer stimmt Gott also über die Maßen gnädig. Damit ist die Grundfunktion des Altars beschrieben: Ein Altar (von lateinisch „altare“, also „erhöhen“) ist ein heiliger Ort, weil hier die Kommunikation mit Gott gepflegt wird und Gott selbst anwesend ist.

Auch die christliche Kirchengeschichte hat eine Vielzahl von Altären hervorgebracht. Aber für Tieropfer sind sie nicht bestimmt. Opfer sind nach christlicher Überzeugung nämlich unnötig, weil Jesus Christus sich selbst als Opfer ein für alle Male dargebracht hat. Deshalb erhält der Altar eine neue Funktion: Er vergegenwärtigt das Opfer Christi und wird zum „Tisch des Herrn“ in Erinnerung an das letzte Abendmahl. Einige Altäre illustrieren auf so genannten Retablen – Aufsätzen mit Gemälden oder Skulpturen – das durch Christus geschehene Heil, andere enthalten Reliquien. Es gibt Altäre aus Holz, Stein und Metall.

Nach katholischer Lehre werden die Elemente des Abendmahls, Brot und Wein, bei der Eucharistie tatsächlich in Fleisch und Blut Christi verwandelt, und jedes Mal wiederholt sich dabei das Opfer Jesu. Hier bleibt der Altar also in starkem Maß ein Opfertisch. Er ist der Gemeinde gegenübergestellt und dem Klerus vorbehalten. In evangelischen Kirchen dagegen ist der Altar für die ganze Gemeinde frei zugänglich, weil Jesus Christus als Gastgeber alle an seinen Tisch einlädt.

Auch die Lutheraner sprechen aber von einer realen Gegenwart Christi im Abendmahl. Der Altar ist jedoch nicht mehr das alleinige Zentrum der Kirche, denn die Kanzel als Ort der Wortverkündigung und das Taufbecken nehmen einen gleichen Rang ein. Nach Ansicht der reformierten Kirchen hingegen findet beim Abendmahl keine Verwandlung von Brot und Wein statt. Reformierte sprechen konsequenterweise auch gar nicht vom Altar, sondern vom Abendmahlstisch, der in der Regel die Anmutung eines gewöhnlichen Tisches hat.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. September 2006 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.