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Aktuell

1. Dezember 2007

Ganz ohne Hektik fehlt etwas

p(einleitung). Tipps, wie man das Weihnachtsfest möglichst stressfrei bewältigen kann, gibt es in Hülle und Fülle. Vor allem im Internet ist das Thema in Foren beliebt, und viele „Experten“ empfehlen sich hier mit Ratschlägen. Doch ein bisschen Hektik gehört in dieser Zeit ganz einfach dazu.

Wenn man im Internet „stressfrei Weihnachten“ googelt, erhält man 117000 Treffer. Ratgeberseiten und Blogs, in denen sich Menschen über ihre Erfahrungen mit dem Weihnachtsfest austauschen. Soll es Geschenke geben? Ja, aber nicht zu viele. Selbstgebackene Plätzchen? Das macht viel Arbeit, aber kaum jemand möchte sie missen. Karten und Weihnachtsdeko am besten schon im November besorgen. Muss die Wohnung besonders geputzt sein? Erst zu den Eltern? Dann zu den Schwiegereltern? Oder sollen alle zu uns eingeladen werden?

!(rechts)2007/12/seite03_oben.jpg(Was erwartet uns wohl hinter dieser Tür? Einen ungewöhnlichen „Adventskalender“ gibt es in Praunheim: Jeden Tag öffnet eine andere Familie ihre Pforten und bietet den Kindern des Stadtteils eine Überraschung. | Foto: Rolf Oeser)!

Ein gelungenes und stressfreies Weihnachtsfest ist ein großer Wunsch, aber leider oft auch ein unerfüllter. Für viele im Beruf ist die Weihnachtszeit auch die Zeit des Jahresabschlusses und der Urlaubssperre. Und da sollen dann Beruf, Familie, Freunde, Verpflichtungen und Feiertagsstimmung unter einen Hut gebracht werden – alle Jahre wieder scheint das ein aussichtsloses Wettrennen zu sein in einer Zeit, die doch eigentlich „besinnlich“ sein soll.

Um nichts zu vergessen, wird deshalb angeraten, sich für den Advent detaillierte Wochenpläne aufzustellen: In der ersten Woche die Geschenkeliste erstellen, den Friseurtermin vereinbaren und eventuell die Tischreservierung fürs Restaurant tätigen. Für das Besorgen der Geschenke einen Urlaubstag einplanen. Auch Spenden an gemeinnützige Organisationen jetzt schon überweisen. In der zweiten Woche: Plätzchen backen, Weihnachtsdeko besorgen, Karten und Briefe zur Post bringen. In der dritten Woche den Weihnachtsbaum kaufen.

Keine Frage: Solche Tipps können helfen, das Fest so zu organisieren, dass alles gut über die Bühne geht und es an nichts fehlt. Aber ist Weihnachten schon gelungen, wenn die Aufgabenlisten termingerecht abgearbeitet wurden? Dass auch die beste Organisation nicht vor Enttäuschungen schützt, belegen zahlreiche Beiträge in den Internetforen.

Und auch etwas anderes ist zu bedenken: In der Vorweihnachtszeit wird durch Vorbereitungen, Warten und Anspannung auch Vorfreude aufgebaut. Wenn man also alle Spannung und Anstrengung herausnimmt und alle Stressfaktoren vermeidet, fehlt letztlich auch etwas beim Fest. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Mutter am Heiligen Abend morgens noch losgerannt ist, um frisches Brot oder Butter zu kaufen, und mein Vater hatte mittags den Weihnachtsbaum noch nicht stehen“, schreibt ein Teilnehmer in einer Internet-Community, und erinnert sich: „Aber das war auch schön, inmitten dieser heimlichen Hektik!“

Ganz abgesehen davon, dass auch das Leben jeder Planung einen Strich durch die Rechnung machen kann. Eine andere erzählt: „Irgendwann vor vielen Jahren war meine Tante todkrank. Wir beschlossen, sie am 24. zu besuchen, und es wurde ein Tag mit nachhaltiger Wirkung. Von da an war der 24. ein stiller Tag, ohne Stress und Hektik.“

p(autor). Gunda Höppner

h2. „Nicht alle Wünsche auf Weihnachten legen“

p(einleitung). Fragen an Manfred Bidman vom Evangelischen Zentrum für Beratung und Therapie

Rufen in der Weihnachtszeit mehr Menschen an, um mit Ihnen über ihre Konflikte zu reden?

bq. Das Thema Weihnachten ist nicht direkt ein Anlass, bei uns anzurufen, aber es kommt in vielen Gesprächen in dieser Zeit vor. Zum Beispiel wenn es darum geht, wo die Kinder in Trennungsfamilien den Heiligen Abend verbringen, beim Vater oder bei der Mutter. Ein anderes wichtiges Thema sind die Geschenke. Vor allem für Familien mit weniger Geld kann das zum Problem werden, weil die Kinder nicht enttäuscht werden sollen. Weihnachten ist eine besonders konfliktträchtige Zeit, weil dann oft etwas gelingen soll, was das ganze Jahr über nicht gelungen ist.

Was raten Sie dann?

!(rechts)2007/12/seite03_unten.jpg(Sparschwein zu Weihnachten? Gerade wenn das Geld knapp ist, sollte über Erwartungen schon im Vorfeld gesprochen werden. | Foto: epd-Bild / Falk Orth)!

bq. Um an Weihnachten Konflikten vorzubeugen, ist es notwendig, schon vorher Erwartungen zu klären: Wer verbringt Weihnachten wo? Welche Wünsche gibt es dazu? Das kann Enttäuschungen vorbeugen, auch beim Thema Geschenke. Vielleicht ist dann das Ergebnis, dass nicht viel oder alles geschenkt wird, sondern ein besonderer Herzenswunsch erfüllt wird. Es ist schon viel, wenn Eltern sich die Zeit nehmen, diesen Herzenswunsch ihrer Kinder herauszubekommen. Jedes dritte Kind wünscht sich zum Beispiel mehr Zeit mit den Eltern. Für Familien mit weniger Geld kann es erleichternd sein, schon vor Weihnachten auch die Grenzen dessen deutlich zu machen, was man sich leisten kann.

Viele Menschen suchen nach Wegen, um in diesem Jahr Weihnachten einmal stressfrei zu erleben – was müssen sie Ihrer Meinung nach tun?

bq. Zuerst ist es gut, darüber zu reden, wie man feiern möchte, also althergebrachte Rituale nach dem Motto „So haben wir es immer gemacht“ neu zu bedenken. Gut ist es, wenn alle Beteiligten in das Gespräch einbezogen und konkrete Aufgaben verteilt werden. Für manche Eltern und Kinder kann dabei heraus kommen, dass es vielleicht gut wäre, diesmal die Großeltern nicht am Heiligen Abend einzuladen, und diese Entscheidung dann auch zu vertreten. Für manche Familien kann durch das gemeinsame Planen auch ein neues Wir-Gefühl entstehen. Wichtig ist, das Weihnachtsfest selbst aktiv zu gestalten und es sich nicht durch Kommerz oder Ratgeberseiten im Internet aus der Hand nehmen zu lassen.

Ist Weihnachten auf jeden Fall das „Fest der Familie“?

bq. Das Fest ist begrifflich sehr aufgeladen: als Fest der Liebe, des Friedens, der Familie. Familie kann da ja sehr Unterschiedliches bedeuten. Es gibt die Herkunftsfamilie und die Familie, in der ich heute lebe. Dann gibt es Trennungsfamilien, Alleinerziehende, Singles. Wichtig ist, dass man sich bei den Überlegungen, wie man das Fest feiern möchte, Zeit nimmt. Und man sollte auch nicht alle Wünsche, die man hat, auf diese drei Tage legen.

p(autor). Fragen: Gunda Höppner

h3. So wird es ein wirklich „Frohes Fest“

*Advent* – Nehmen Sie sich Zeit für Besinnung, zum Beispiel mit dem Kalender „„Der andere Advent““:http://www.anderezeiten.de, besuchen Sie ein Konzert, gönnen Sie sich Auszeiten.

*Gottesdienste* – Wenn Sie am Heiligen Abend in die Kirche gehen möchten, überlegen Sie vorher, wohin. Es gibt nämlich sehr unterschiedliche Gottesdienste: Mit vielen Kindern und Krippenspiel (meist am Nachmittag) oder eher festlich und besinnlich (am Abend und in der Nacht). Genaue Infos in der Zeitung oder unter „www.frankfurt-evangelisch.de“:http://www.frankfurt-evangelisch.de. Alternative: Das Große Stadtgeläut um 17 Uhr in der Innenstadt.

*Rituale* – feste Abläufe sind wichtig und sollten bewusst gestaltet werden: etwa das gemeinsame Schmücken des Weihnachtsbaumes, das Aufbauen der Krippe, das Anzünden von Kerzen. Lesen Sie die Weihnachtsgeschichte in der Bibel, am besten laut (Lukas 2,1-20 oder unter „www.bibel-online.net“:http://www.bibel-online.net); mit Kindern am besten aus einer Kinderbibel.

*Gemeinsam feiern* – achten Sie darauf, dass alle in die Gestaltung des Abends einbezogen sind. Kinder, die ein Instrument spielen, können etwas vortragen, die Älteren können Gedichte und Geschichten aus ihrer Kindheit erzählen. Geben Sie allen Raum und hören Sie sich gegenseitig zu.

*Geschenke* – Lassen Sie sich Zeit beim Auspacken! Jedes einzelne Geschenk verdient es, beachtet zu werden.

*Jugendliche* – wollen oft nicht den ganzen Abend mit der Familie verbringen. Für sie bietet die
Jugendkulturkirche Sankt Peter an Heiligabend um 21 Uhr einen Gottesdienst an, mit anschließender Weihnachtsparty an.

*Zu zweit oder alleine* – auch wenn es nicht die große Familienfeier ist, lohnt es sich, die Wohnung festlich vorzubereiten und zu schmücken. Kochen Sie Ihr Lieblingsessen, verabreden Sie sich mit anderen, am besten frühzeitig. Auch der Gang zum Grab eines lieben Menschen ist eine gute Tradition. Wenn Sie nicht aus der Wohnung können, sind Fernsehgottesdienste und Konzerte im
Radio eine Alternative.

*Feiern Sie lange* – Weihnachten ist mit Heiligabend nicht zu Ende. Auch an den folgenden Feiertagen gibt es Gottesdienste, auch da können Sie liebe Menschen besuchen oder zu sich einladen. Das gibt meist weniger Hektik und bessere Gespräche.

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Dezember 2007 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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