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Aktuell

1. März 2008

Altenpflege soll Spaß machen

p(einleitung). Die Altenpflegeschule im Hufeland-Haus in Seckbach ist die größte ihrer Art in Frankfurt und die einzige evangelische. Rund 150 junge Menschen werden hier jährlich zu Altenpflegekräften oder Altenpflegehelferinnen ausgebildet – angesichts der demografischen Entwicklung ein Beruf mit Zukunft. Mäßige Bezahlung und belastende Arbeitsbedingungen könnten aber zum Problem werden.

„Entdecken Sie für sich die Möglichkeiten, dass scheinbar banaler Alltag Experten benötigt, dass Altwerden nicht bedrohlich ist, sondern Lust machen kann, dass Blumenduft therapeutische Wirkung entfaltet.“ Mit solchen Sätzen wirbt die Altenpflegeschule des Hufeland-Hauses für den Beruf der Altenpflegerin. „Ein noch junger Beruf mit Zukunft“, ist die Leiterin der Schule, Martina Werner-Ritzel, überzeugt.

!(kasten)2008/03/seite06_oben.jpg(Üben an einer Puppe: Angehende Altenpflegerinnen lernen den Verbandswechsel bei einem Patienten mit künstlichem Darmausgang. Links die Leiterin der Altenpflegeschule im Hufeland-Haus, Martina Werner-Ritzel. | Foto: Rolf Oeser)!

Seit 1977 können junge Frauen und Männer im Hufeland-Haus den staatlich anerkannten Beruf der Altenpflegekraft erlernen. Mit den gesellschaftlichen Erfordernissen und dem größeren Wissen um das Altwerden hat sich die Ausbildung im Lauf der Zeit verändert. Heute werden Alten­ pflegerinnen drei Jahre, Altenpflegehelferinnen ein Jahr lang ausgebildet.

Mittlere Reife ist Voraussetzung für die Pflegeausbildung, aber man braucht auch Kommunikationsfähigkeit und Geschick: „Wir gehen hier mit Menschen um, und unsere Hände, unser Einfühlungsvermögen sind unser Werkzeug“, erläutert Werner-Ritzel. Einen Schwerpunkt bildet dabei die medizinische Ausbildung: Krankheitslehre, Anatomie und Pharmakologie stehen auf dem Lehrplan, aber auch Praktisches, wie ein Verband angelegt wird oder wie man jemanden bettet.

Daneben ist es für Werner-Ritzel unerlässlich, dass sich die Auszubildenden auch mit der Lebenswelt älterer Menschen beschäftigen. „In der Regel sind die Schülerinnen Mitte zwanzig und die zu Pflegenden fünfzig bis siebzig Jahre älter. Sie müssen also lernen, wie die Lebenswelt alter Menschen aussieht: Wie hat dieser Mensch bisher gelebt und gewohnt? Was macht er gerne? Solches Wissen kann ich in der Pflege positiv nutzen“, erläutert die Leiterin. „Wenn ich jemanden aus dem Bett bewege, kommt es nicht darauf an, ihn so schnell wie möglich von A nach B zu bewegen, sondern darauf, seine Eigenständigkeit zu beachten.“

Die Altenpflegeschule ist die Berufsschule, die Praxis erlernen die Schüler und Schülerinnen im Hufeland-Pflegeheim oder in einem Haus der zahlreichen Kooperationspartner. Geübt wird auch an Mitschülerinnen.

Noch immer erlernen deutlich mehr Frauen als Männer diesen Beruf: Der Anteil der Männer liegt derzeit bei der Altenpflege-Ausbildung bei zehn Prozent, bei den Altenpflegehelferinnen bei 25 Prozent. Das geringe Interesse junger Männer an diesem Beruf hat auch mit der Bezahlung zu tun: 2000 Euro brutto ist nicht sehr viel. Eine Rolle spielt sicher auch, dass Tätigkeiten wie Fürsorge und Umsorgen des Körpers immer noch eher Frauen zugeschrieben werden.

Paul Wintzer, kaufmännischer Geschäftsführer des Vereins für Innere Mission, hält die Bezahlung zwar für „immer noch besser als in manch anderem Beruf“, räumt aber ein: „Wenn ein Mangel an Pflegekräften auf uns zukommt, ist sicher auch eine bessere Vergütung zu gewährleisten, denn die Anforderungen sind hoch und die Ausbildung gut.“

Auch Martina Werner-Ritzel weiß, dass viele Pflegende unter der Überlastung im Alltag leiden. Sie wünscht sich bessere Rahmenbedingungen, vor allem mehr Zeit. Sie sieht aber die Hauptquelle der Belastung an anderer Stelle: „Die Pflegekräfte müssen mehr und mehr lernen, eigenständig und selbstverantwortlich zu arbeiten, dann stellt sich auch eine größere Zufriedenheit ein“, ist sie überzeugt. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass die Arbeit mit zu pflegenden Menschen neu bewertet wird: „Was wir tun, hat nicht in erster Linie mit Leiden zu tun. Wir gehen mit dem ganz normalen Leben um, und das ist nicht nur belastend. Wer genau weiß, wie er das, was zu tun ist, gut machen kann, kann viel Spaß daran haben.“

Dazu gehört dann zum Beispiel, gemeinsam mit den anvertrauten Menschen herauszufinden, wie viel und welche Art von Pflege gebraucht wird, die Pflegeprodukte gemeinsam auszusuchen und einen Bewegungsplan zu verabreden. Solche Gespräche sind oft der Schlüssel zu einer gleichberechtigten Beziehung zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen, sie fördern die Balance von Geben und Nehmen – und das kommt auch den Pflegekräften zugute.

p(autor). Gunda Höppner

h3. Bausteine für eine gute Versorgung

!(rechts)2008/03/seite06_unten.jpg(Weithin sichtbar in Seckbach: der rote Gebäudekomplex des Hufeland-Hauses mit vielen diakonischen Einrichtungen. | Foto: Rolf Oeser)!

„Wer Hufeland-Haus hört, denkt natürlich erst mal an ein Gebäude, ein Heim, in dem alte und pflegebedürftige Menschen ihren Lebensabend verbringen. Doch hinter dem Namen verbirgt sich noch viel mehr“ sagt Pfarrer Karsten H. Petersen, der Geschäftsführer des Evangelischen Vereins für Innere Mission.

Das Hufeland-Haus in der Wilhelmshöher Straße 34 versteht sich als Netzwerk für soziale Dienste. 120 Plätze bietet es im Altenpflegeheim, und 27 Menschen mit körperlicher Behinderung können im Wohnpflegebereich wohnen. „Unser Grundsatz ist: so lange wie möglich zu Hause“, erläutert der Leiter des Hauses, Holger Hothum. Daher gehört auch eine ambulante Pflege zum Netzwerk. Wer noch selbstbestimmt und doch nicht allein leben will, kann dies in den Ein- oder Zweizimmerwohnungen des betreuten Wohnens.

Außerdem gibt es eine Tagespflege für Menschen, die tagsüber Betreuung oder Therapie benötigen, aber die Nächte und Wochenenden zuhause verbringen können. Schon 1973 wurde die Tagespflege eingerichtet, es war damals die erste Einrichtung dieser Art in der Bundesrepublik. Weitere Bausteine im Angebot sind Physio-, Ergo- und Logotherapie, Essen auf Rädern, eine Kindertagesstätte sowie eine Beratungs- und Vermittlungsstelle für alles Wissenswerte rund um das Leben im Alter.

Wert legt Karsten H. Petersen auf das christliche Profil des Hauses: „Baulicher Mittelpunkt ist die Kapelle, die Seelsorge ist zentraler Bestandteil unserer Arbeit.“ Außer den regelmäßigen Gottesdiensten gehören dazu auch Gesprächsmöglichkeiten in Krisensituationen.

Vierzig Ehrenamtliche helfen, den Anspruch mit Leben zu füllen, sie lesen vor, begleiten beim Einkaufen oder beim Spaziergang. Damit wissen sie sich, ebenso wie die Hauptamtlichen, dem Namen des Hauses verpflichtet: Der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland, ein Zeitgenosse Goethes, war Wegbereiter der Altenforschung und setzte sich für eine ganzheitliche medizinische Versorgung ein. Kontakt: „www.hufeland-haus.de“:http://www.hufeland-haus.de oder Telefon 47040.

p(autor). Gunda Höppner

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. März 2008 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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