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Aktuell

1. März 2008

Ohne Geld nach Teheran

p(einleitung). Abschiebebeobachtung zieht nach zwei Jahren zwiespältige Bilanz

Nach zwei Jahren Abschiebebeobachtung am Frankfurter Flughafen fällt die Bilanz zwiespältig aus. Die gute Nachricht: Das Vorgehen der Bundespolizei, die zuständig ist, wenn Menschen zum Rückflug in ihre Heimatländer gezwungen werden, ist im Wesentlichen korrekt. Die schlechte Nachricht: Bei vorgelagerten Stellen, insbesondere den Ausländerbehörden, gibt es deutliche Defizite im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenwürde.

Zu der Bilanzpressekonferenz hatten die Kirchen und die Bundespolizei gemeinsam eingeladen. Nach dem Vorbild des Düsseldorfer Flughafens, wo es eine solche Abschiebebeobachtung schon seit 2001 gibt, bemühen sie sich seit zwei Jahren auch in Hessen um Transparenz. Zwei kirchliche Mitarbeiterinnen haben uneingeschränkten Zugang zu den für die Öffentlichkeit eigentlich gesperrten Bereichen des Flughafens, in denen Abschiebungen abgewickelt werden. Sie können bei jedem Vorgang dabei sein, allerdings bei Unregelmäßigkeiten nicht eingreifen. Über ihre Beobachtungen berichten sie einem Forum, in dem auch Initiativen wie Pro Asyl, Amnesty International oder der Hessische Flüchtlingsrat vertreten sind.

Ein Verfahren, das der leitende Polizeidirektor des Bundespolizeiamtes Flughafen Frankfurt, Wolfgang Wurm, uneingeschränkt befürwortet: „Wir haben nichts zu verstecken, und wir wollen auch keine Rückführung um jeden Preis. Im Zweifel brechen wir die Rückführung ab“, versicherte er. Dies bestätigten auch die beiden Beobachterinnen Sabine Kalinock und Stella Schicke. Probleme sehen sie eher bei den Ausländerbehörden. „Wenn zum Beispiel jemand ohne Geld ins Flugzeug nach Istanbul gesetzt wird, aber dann noch tausend Kilometer nach Kurdistan reisen muss, wie soll das gehen?“ fragte Stella Schicke. Unhaltbar sei auch der Umgang mit kranken Menschen. „Oft stellen Ärzte Flugtauglichkeitsbescheinigungen aus, ohne die Betreffenden ordentlich zu untersuchen“, kritisierte Sabine Kalinock. Entsprechende Richtlinien der Landesärztekammer würden nicht eingehalten, bemängelte Andreas Lipsch, der das Forum Abschiebebeobachtung moderiert. „Man hat den Eindruck, dass hier bestimmte Ärzte eingesetzt werden, von denen die Ausländerbehörde annimmt, dass sie relativ leichtfertig Flugtauglichkeit bescheinigen.“ Auch die Versorgung mit Medikamenten sei oft ungenügend. So sei eine Diabetikerin mit nur einer Tagesration Insulin und ohne Geld nach Teheran abgeschoben worden.

Kirchenpräsident Peter Stein­ acker bekräftigte, dass das Projekt weiter geführt werden soll. Man hoffe jedoch auf eine finanzielle Beteiligung der Hessischen Landesregierung. Bisher finanzieren die Kirchen diese Arbeit allein, mit einem Zuschuss der UN-Flüchtlingshilfe. Ein positives Zeichen sei es, dass das Regierungspräsidium Hessen in Zukunft im Forum mitarbeiten will.

p(autor). Antje Schrupp

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. März 2008 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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