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Aktuell

1. Dezember 2008

Schwellendes Rauschen

Wie ein Zyklopenauge ragt ein überdimensionales kugelrundes Mikrofon über die Kirchenbänke der Katharinenkirche hinaus und zieht alle Blicke auf sich. Wozu steht es da?, werden sich viele gefragt haben, die Ende Oktober die Kirche an der Hauptwache besuchten. Denn kein Redner war weit und breit zu sehen, dafür lagen allerdings ein paar Kopfhörer auf einem Podest, das die Aufschrift „Stattfindung – Eidesstatt“ trug.

Wer die Kopfhörer in die Hand nahm und über die Ohren stülpte, konnte Überraschendes hören: Das auf- und abschwellende Eigenrauschen der mächtigen Kirche, ein Dröhnen, mal laut und mal leise. Vielleicht auch ein zartes oder verzerrtes Säuseln von Stimmen, wenn sich Besucherinnen oder Besucher flüsternd unterhielten.

Aufschluss über diese Installation konnte Pfarrer Werner Schneider-Quindeau geben, der die Vernissage dieser Installation des Künstlers Christopher Nees mit einer Rede über das „Hören und Schwören“ eröffnete. Und natürlich der Künstler selber, der nicht nur das Kugelflächenmikrofon und die Kopfhörer mitgebracht hatte, sondern noch einige andere Gegenstände: Weiße Container und graue Kisten, eine Fotowand, eine alte Schreibmaschine, eine virtuelle Klangbibliothek, Textdokumente sowie einen handschriftlichen Offenbarungseid.

„Die Kunst stellt Fragen – für die Antworten sind andere Dienstleister zuständig“, sagte Nees mit leichter Ironie, bot aber dennoch ein Konzept zum Verständnis an. Ein „Faustisches“ allerdings, das zur Neugier ermunterte, zu Deutungen, Assoziationen und verschärfter Wahrnehmung. Dass solche Konzeptkunst nicht leicht zu verstehen ist und auch Irritationen auslöst, zeigte sich bei einigen Besuchern – und war gewollt. Brücken zum Verständnis baute allerdings Pfarrer Schneider-Quindeau, der sich mit dem „Hören“ als Grundlage für den Glauben auseinandersetzte.

„Christopher Nees bringt mit seiner akustischen Stattfindung, die jedes Geräusch in der Kirche erfasst, die Überforderung unserer Ohren durch das Eigenrauschen zum Bewusstsein. Wer wirklich hören will, muss auswählen. Es gilt, die Ohren, aber über die Ohren den ganzen Menschen auf Wörter und Töne auszurichten, die Halt und Orientierung im Leben vermitteln können“.

Die nächste Ausstellung von Christopher Nees wird im Januar in der Offenbacher Stadtkirche sein.

p(autor). Anne-Rose Dostalek

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Dezember 2008 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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