Es gibt nur eine Gemeinde in der hessen-nassauischen Landeskirche, die nach dem Geburtsort Jesu benannt ist, und die liegt in Frankfurt-Ginnheim: Der große steinerne Stern an der Decke der 1971 erbauten Bethlehemkirche ist ein starkes Symbol, das an den Himmelskörper erinnert, der die drei Weisen damals zum Geburtsort Jesu geführt hat. Darunter, genau in der Mitte des Kirchenraums, steht der Altar, die Stühle sind kreisförmig darum angeordnet. In diesem zentrierten Gottesdienstraum versammeln sich jeden Sonntag zwischen fünfzig und achtzig der 3600 Gemeindemitglieder.
!(kasten)2008/12/seite08_unten.jpg(Die Decke ist geformt wie ein Stern, genau darunter, im Zentrum des Kirchenraumes, steht der Altar: Pfarrerin Elisabeth Ickler in der 1971 gebauten Bethlehemkirche, die architektonisch an die Weihnachtsgeschichte erinnert. | Foto: Ilona Surrey)!
Aber auch der Gottesdienst, der zusätzlich einmal im Monat in der 1700 erbauten Dorfkirche in Alt-Ginnheim stattfindet, ist gut besucht. Vor allem heiraten Ginnheimer Paare gerne in dem alten Barockkirchlein, dessen Erhalt die Gemeinde aus Spenden selbst finanzieren muss. Auch die Taufen der Kinder werden gerne hier gefeiert.
Doch das Gemeindeleben „unter dem Stern von Bethlehem“ ist noch mehr, zum Beispiel Literatur: Spiele für die Kleinsten, Bilderbücher, Bücher für Sechsjährige, für Neunjährige, für Jugendliche, und Romane für Erwachsene – die sonnige Bücherei in den Gemeinderäumen ist gut sortiert und wird am liebsten von Müttern und Kindern genutzt. Sie besteht seit fünfzig Jahren und bietet auch eine Vorlesestunde für die Allerkleinsten. Ein Literaturkreis, an dem rund zwanzig Frauen teilnehmen, beschäftigt sich mit Themen wie Märchen, Freundschaft oder Zivilcourage und stellt einzelne Autoren und Titel vor. „Ich lege Wert darauf, dass die Frauen sich aktiv beteiligen und nicht nur konsumieren“, erklärt Leiterin Hiltrud Querl. Einmal im Jahr organisiert sie eine große Literaturveranstaltung, an der rund hundert Menschen teilnehmen, etwa einen jüdischen oder russischen Salon.
„Auch wenn Bücherei und Literaturkreis sehr aktiv sind: Im Bewusstsein der Gemeinde spielt die Kirchenmusik unter der Leitung von Bernd Lechla eine noch größere Rolle“, gewichtet Pfarrerin Christine Harmert, die seit vier Jahren für den Gemeindebezirk um die Kurhessenstraße zuständig ist. Die Ginnheimer Kantorei mit ihren rund hundert Mitgliedern hat erst vor kurzem wieder durch eine Aufführung der h-Moll-Messe von Bach von sich reden gemacht und wagt sich zunehmend auch an andere schwierige Werke der Chormusik.
Die Gemeinde besteht aber nicht nur aus einer kulturell interessierten Mittelschicht. „Die soziale Spanne reicht vom Hartz IV-Empfänger bis zum Millionär“, umschreibt Pfarrerin Elisabeth Ickler das Spektrum. Sie lebt seit 23 Jahren in ihrem Pfarrhaus in Alt-Ginnheim. Zu ihrem Einzugsgebiet gehört auch die frühere US-amerikanische Siedlung um die Platenstraße. „Der unterschiedliche Bildungsgrad der Gemeindemitglieder macht sich zum Beispiel im Konfirmandenunterricht bemerkbar“, sagt sie. „Aber mit Kreativität kann man das ausgleichen.“ Die Kinder- und Jugendarbeit ist ein weiterer Schwerpunkt in der Gemeinde, zu der auch zwei Kindertagesstätten gehören.
Sehnlichst erwartet wird die neue Gemeindepädagogin, die in Zukunft die Jugendarbeit der Bethlehem-, Dornbusch- und Nazarethgemeinde koordinieren und die Ehrenamtlichen betreuen soll.
p(autor). Stephanie von Selchow