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Aktuell

1. Oktober 2009

Wie Bilder entstehen

p(einleitung). Reihe „Kein Bild!“ in der Stadtakademie

Um die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Sehens und der Wahrnehmung sowie die Macht von Fernsehbildern ging es bei einem Vortragsabend in der Evangelischen Stadtakademie am Römerberg. Er war der Auftakt einer neuen Reihe, die unter dem Motto „Kein Bild!“ (in Anlehnung an das erste Gebot) die gesellschaftliche und religiöse Bedeutung von Bildern aufgreift.

Was im Gehirn geschieht, wenn Menschen sehen, stellte Kerstin Schmidt, Hirnforscherin am Frankfurter Max-Planck-Institut, dar. Sehen sei eine Interpretation optischer Information, die nicht notwendigerweise mit messbaren physikalischen Gegebenheiten übereinstimmt: Ein gleich langer Balken könne in zwei verschiedenen Bildern als unterschiedlich lang wahrgenommen werden, wenn das Auge durch die Umgebung so gelenkt werde. Im Alltag habe man jedoch verschiedene Kriterien wie Farbe, Position, Bewegungsrichtung und den Kontext zur Verfügung, um das Gesehene einordnen zu können.

Sehreize, erklärte Schmidt, treffen im Gehirn auf Nervenzellen, deren „Aktionspotenziale“ sich mit bildgebenden Verfahren und Tönen nachweisen lassen. Es entstehe aber kein Gesamtbild im Gehirn, sondern ein Bild verteile sich sozusagen auf mehrere Areale im Gehirn, von denen die „höheren“ komplexere Strukturen aufnehmen könnten und sich mit den „niedrigeren“ rückkoppelten. Das Gehirn „spreche“ sozusagen permanent mit sich selbst. Es sei auch so, dass sensorische Reize das Hirn nie unvorbereitet träfen, es gebe immer schon gewisse Vorprägungen, zum Beispiel die Seherfahrungen seit der Geburt.

Ob kulturelle Codes jeweils unterschiedliche Sichtweisen produzieren, fragte der Publizist und Medienpädagoge Andreas Mertin: Sehen, zugespitzt formuliert, Katholiken etwas anderes als Protestanten? Auf welche Weise Erfahrungswerte in den Hirnstrukturen festgelegt seien, sei noch nicht ausreichend erforscht, so Schmidt. Man habe aber zum Beispiel festgestellt, dass Hände und einzelne Finger in der Hirnstruktur von Musikern deutlicher abgebildet seien als bei anderen.

Was Bilder bewirken und wie Menschen damit umgehen, war das Thema von Michaela Pilters, die beim ZDF für die katholische Fernseharbeit verantwortlich ist. Bilder hätten mehr Gewicht als Worte, denn sie appellierten unmittelbar an Gefühle. Fernsehen präge durch Bilder die Vorstellung der meisten Menschen von Gesellschaft. Das gehe so weit, dass Zuschauer und Zuschauerinnen sogar Spielfilme für real halten. Bilder könnten zudem auch manipuliert werden.

In den kommenden Monaten greift die Stadtakademie die unterschiedliche Bildproduktion der drei großen Weltreligionen bei Führungen in Frankfurter Museen auf. Nächster Termin ist am Mittwoch, 28. Oktober, mit einer Führung um 18 Uhr zum Thema „Abbild des Göttlichen“ im Ikonenmuseum.

p(autor). Stephanie von Selchow

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Oktober 2009 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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