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Von – 1. April 2010

Brot und Fische – Schuhe aus!

In Sossenheimer Kitas begegnen die Kinder anderen Religionen

Warum denn da Brot und Fische auf dem Tuch abgebildet sind, fragen die muslimischen Vorschulkinder aus der Kita „Die Ameisen“ in Sossenheim. Pfarrer Horst Klärner von der Regenbogengemeinde erklärt ihnen, was diese und andere christliche Symbole bedeuten, was am Altar geschieht, wozu es in den Kirchen ein Taufbecken gibt und wie die Orgel funktioniert. Die Kinder hören interessiert zu. Die meisten von ihnen sind Muslime, und in der Kita „Die Ameisen“ werden sie nach einem islampädagogischen Konzept erzogen.

Die Vorschulkinder aus dem evangelischen Kindergarten „Regenbogenland“ hingegen wundern sich, dass sie vor dem Besuch der Moschee des türkischen Vereins in Höchst die Schuhe ausziehen müssen. Der Imam erklärt ihnen, dass es in einer Moschee keine Bänke gibt, aber dafür einen Teppich. Die Kinder erfahren, warum die Nische, in der er während der Gebete der Gläubigen steht, nach Osten ausgerichtet ist, und warum die Funktion des Muezzinrufes so ähnlich ist wie die von Kirchenglocken.

Durch gegenseitige Besuche lernen die Kinder in Sossenheim die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen ihren Religionen kennen. „Kinder sind unvoreingenommen“, sagt Ingrid Marth, die Leiterin der evangelischen Kita. Ihre Kollegin Gülten Köksal, die die Ameisen-Kita leitet, ist mit ihrer Kollegin einig, dass Ängste und Vorurteile meist nur dann entstehen, wenn man etwas nicht kennt. Deshalb bringen sie die Kinder aus ihren Einrichtungen schon seit Jahren regelmäßig mit anderen Religionen in Kontakt. „Wir hoffen, dass das unsere Vorschulkinder für ihr weiteres Leben prägt“, sagt Marth. Aus den Schulen kämen jedenfalls positive Rückmeldungen.

Neben der Wahrnehmung von Gemeinsamkeiten schärft die Beschäftigung mit der anderen Religion auch den Blick auf die eigene. Als Hasan, der die evangelische Kita besucht, ein paar Tage nicht kommt, weil er mit seiner Familie das Opferfest feiert, erklärt er den anderen Kindern: „Ich habe jetzt frei, weil ihr an Weihnachten frei habt.“ Und Mohammed fragt seine Mutter: „Mama, du hast doch so schöne Haare, warum trägst du ein Kopftuch?“

Die Kindergärten in Sossenheim sind gut miteinander und mit den Schulen vernetzt. Man besucht sich gegenseitig zu religiösen Festen, jedes Jahr im September feiern sie ein interkulturelles Fest im Stadtteil, und es gibt auch ein gemeinsames Friedensgebet. Dieses Jahr will die Kita Regenbogenland, in der es neben zwanzig christlichen Kindern und sechs muslimischen auch drei buddhistische gibt, den buddhistischen Tempel in Hanau besuchen.

Viele Eltern, die einer anderen Religion angehören, schätzen christliche Kindergärten, weil Religion dort eine Rolle spielt. Anders ist es zuweilen bei Eltern, die gar keiner Religion angehören. Im Regenbogenland kommen zurzeit neun Kinder aus konfessionslosen Familien. „Da höre ich dann oft: Schön, wenn ihr im Kindergarten betet, aber zuhause haben wir damit nichts am Hut“, erzählt Ingrid Marth. Doch vollständiges Desinteresse lässt die Kita-Leiterin nicht durchgehen: „Ich bestehe darauf, dass die Familien zumindest zu den Kinder- und Familiengottesdiensten kommen.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. April 2010 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".