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Von – 1. Mai 2010

Das Bahnhofsviertel auf Fotos festgehalten

Björn hat seinen Opa fotografiert. Der ältere Mann mit der großen Brille steht in seinem Laden vor Regalen mit zahllosen Zigarettenschachteln und schaut in die Kamera: Das Geschäft „Pfeifen-Weider“ gibt es seit 1930 in der Münchner Straße 18. Björns Bild hängt in einer Fotoausstellung von Konfirmandinnen und Konfirmanden der Hoffnungsgemeinde in der Mätthäuskirche. Unter dem Motto „Altes Viertel – neue Nachbarn – Leben rund um den Hauptbahnhof“ haben sie das Bahnhofsviertel abgelichtet.

Hochhäuser, Bordelle, Kirchen, Pelzgeschäfte, Moscheen - kein anderes Viertel ist so uneinheitlich wie das Bahnhofsviertel. Jugendliche hielten das auf Fotografien fest und luden zu einer Ausstellung ein. Foto: Ilona Surrey

Auch ein Döner-Imbiss und eine italienische Eisdiele sind da zu sehen, oder ein betender Mu­s­lim. Und natürlich die Matthäuskirche und das Hochhaus neben ihr.

Die Ausstellung zeigt ein Stadtviertel, das sich im vergangenen Jahrhundert enorm verändert hat. Galt die Kaiserstraße noch 1920 als die „Champs Elysees“ von Frankfurt, so zogen in den 1950er Jahren viele Familien von hier weg. Einwanderer siedelten sich an, die Pelzbranche eröffnete hier ihre Läden.

In keinem anderen Stadttteil bilden Arbeit und Leben so wenig eine Einheit wie im Bahnhofsviertel, ist die Fluktuation so hoch. Dennoch nimmt Gerald Hintze, Kurator der Diakoniekirche in der Weißfrauenstraße, das Viertel als „zukunftsweisendes Laboratorium für Frankfurt“ wahr. Denn hier müsse das Miteinander täglich neu ausgehandelt werden. So habe eine große Wohnungsbaugesellschaft sich erfolgreich gewehrt, als ein Bordell in der Elbestraße so leuchtend rot gestrichen wurde, dass es ihre Büroräume in rötliches Licht tauchte.

Natürlich wünsche sich die Stadtregierung ein „echtes Miteinander“ in Frankfurt, sagte Armin von Ungern-Sternberg, der Referent der Integrationsdezernentin. Aber manchmal müsse man sich „auch nebeneinander gewähren lassen“. „Das Gutleutviertel ist ein Stück Heimat für uns geworden“, betonte der 24-jährige Nabil Essadik als Vertreter der Taqwamoschee. Manchmal gebe es auch ein unversöhnliches Gegeneinander, berichtete Gerald Hintze. So kontrollierten die „Hells Angels“, deren Clubhaus in der Mainzer Landstraße liegt, das Rotlichtmilieu und gingen gewalttätig gegen Einmischung vor.

Die Jugendlichen jedenfalls hatten bei der Foto-Aktion wohl vor allem eins: viel Spaß. „Am Schluss knipste ich verrückte, unsinnige Fotos, bis der Akku leer war“, schreibt die Konfirmandin Lilia Stegemann im Gemeindebrief.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Mai 2010 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".