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Von – 1. Oktober 2010

Dienerin ja, Gottesdienerin nein?

Dass Frauen ein geistliches Amt haben können, ist eine Besonderheit der evangelischen Kirchen in westlichen Ländern. In den orthodoxen und in der katholischen Kirche haben Frauen keinerlei Möglichkeit, ein Priesteramt wahrzunehmen oder gar in der Kirchenhierachie aufzusteigen, und auch viele evangelikale Gruppen lehnen die Ordination (die Bestellung zur öffentlichen Verkündigung) von Frauen ab.

Wichtigstes Argument hierfür ist die Überlieferung, Jesus habe nur Männer als Apostel berufen. Unterstellt wird, er habe das gezielt und programmatisch so getan. Obwohl er auch sonst Tabus durchbrochen hat, habe er seine Freiheit nicht ausgeschöpft, und infolgedessen keine Frauen als Apostelinnen gewollt. Herangezogen wird auch oft das Pauluswort, wonach die Frauen in der Gemeinde zu schweigen haben (1. Korinther 14,34-36). Eine solche Sichtweise auf die Rolle der Frau ist fest mit einer patriarchalen Denkstruktur verknüpft. Sie wird noch verstärkt durch die als grundsätzlich gewertete Aussage in der Schöpfungsgeschichte, wonach die Frau dem Manne untertan zu sein habe (1. Mose 3,16).

Zugunsten von Frauen in geistlichen Ämtern spricht vor allem das Priestertum aller Gläubigen, das sich auf die Taufe gründet. Und Paulus spricht ausdrücklich von Söhnen und Töchtern Gottes, indem er über die Getauften sagt: „Hier ist nicht Jude nicht Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“ (Galater 3,28). Dass in der Bibel Prophetinnen wie Miriam und Hulda genannt werden, lässt eine öffentliche Wortverkündigung durch Frauen als selbstverständlich erscheinen.

Allerdings ist auch in der deutschen evangelischen Kirche die Frauenordination kaum älter als ein halbes Jahrhundert. Als letzte Landeskirche hat Schaumburg-Lippe sie erst 1991 eingeführt. Noch vor einer Generation war es höchst umstritten, ob Frauen überhaupt ein volles Pfarramt ausüben können, insbesondere wenn sie verheiratet sind und Kinder haben.

Heute beträgt der Anteil der Frauen im Pfarramt – nicht zuletzt in Folge der Frauenbewegung und der feministischen Theologie – rund ein Drittel mit steigender Tendenz. In Leitungsämter sind bislang relativ wenige Frauen aufgerückt. Trotzdem gibt es Stimmen, die bereits vor einer „Feminisierung” der Kirche warnen, weil sie von „zu vielen Frauen“ einen Reputationsverlust des Pfarramtes befürchten. Auch in der evangelischen Kirche wirken die oben genannten Vorbehalte also bis in die Gegenwart.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Oktober 2010 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.