Gudrun von Wangenheim ist ehrenamtliche Seelsorgerin
In ihrer Aktentasche liegen ein Märchenbuch, ein Liederbuch, das Gesangbuch und die Bibel: Mit dieser Grundausstattung geht Gudrun von Wangenheim einmal in der Woche für zwei bis drei Stunden in das Sankt-Konrad-Altenheim im Nordend. Dort besucht die ehrenamtliche Seelsorgerin zurzeit acht Frauen zwischen Ende siebzig und neunundneunzig Jahren. Sie hört ihnen zu, liest, singt oder plaudert mit ihnen. „Am Anfang war ich vor allem auf Zuhören eingestellt, aber dann habe ich gemerkt, dass nicht alle reden wollen und es gut ist, wenn man auch etwas mitbringt“.
Bis zum Ruhestand vor vier Jahren hat die heute 65 Jahre alte Mutter von zwei erwachsenen Söhnen als Biologin im Paul-Ehrlich-Institut gearbeitet, wo immunbiologische Arzneimittel, also unter anderem Impfstoffe, überprüft werden. Drei Jahre vor ihrer Pensionierung wurde dann in einem Gottesdienst in der Petersgemeinde die Seelsorge-Ausbildung vorgestellt. Gudrun von Wangenheim fand, das sei genau das Richtige für sie. Schon lange hatte sie den Wunsch einsamen und kranken Menschen zu helfen. „Das war dann natürlich ein ganz anderes Lernen als im Beruf“, erzählt sie. „Bei der seelsorgerlichen Arbeit kommt es nicht auf Leistung und Ziele an, sondern darauf, offen für andere zu sein, zu spüren, was sie möchten.“
Die ökumenische Seelsorge-Ausbildung für Ehrenamtliche erstreckt sich über ein Jahr: Vierzehntägig ein Seminarabend, drei Wochenenden und ein Praktikum: Dabei lernt man vor allem aktives Zuhören, einfühlsame Gesprächsführung. In der Gruppe wird das eigene Verhalten gespiegelt. „Moderne Seelsorge ist aktives Zuhören und für andere Dasein“, erklärt von Wangenheim. So hat sie mit einem ihrer Schützlinge über Wochen eine Phantasiereise gemacht. Die alte Dame war gestürzt und vom Krankenhaus dann direkt ins Altenheim überstellt worden, ohne sich von ihrer Wohnung verabschieden zu können. „Es hat lange gedauert, bis sie sich lösen konnte“, erzählt die Seelsorgerin. Eine andere, sehr alte Dame möchte jedes Mal aus der Bibel vorgelesen bekommen. Und Vorsingen hebt bei allen die Stimmung. „Die alten Frauen kennen noch viele Volks- und Kirchenlieder“, erzählt Gudrun von Wangenheim. „Anfangs habe ich mich nicht getraut, einfach so loszusingen. Aber dann habe ich Gesangsstunden genommen, und das hat mich selbst beflügelt.“
Schon seit acht Jahren besucht sie jetzt die alten Damen im Sankt-Konrad-Heim und hat daran soviel Freude, dass sie inzwischen zusätzlich als ehrenamtliche Seelsorgerin in der Petersgemeinde arbeitet. Zurzeit macht sie eine Fortbildung zum Umgang mit demenzkranken Menschen. Besonders wichtig ist ihr die Gruppensupervision des Arbeitskreises Seelsorgeausbildung einmal im Monat. „Da kann man über Unsicherheiten reden und sich Ratschläge holen“, erklärt sie. „Man lernt immer etwas dazu.“ Mit einigen aus ihrer Ausbildungsgruppe hat sie Freundschaft geschlossen. „Ich finde die Arbeit nicht belastend, ich freue mich über jedes Lächeln auf den Gesichtern der alten Leute“, sagt sie. „Deshalb brauche ich auch keinen Ausgleich.
Die nächste Ausbildung für ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger beginnt im September. Nähere Informationen unter Telefon 06031?162950 oder unter www.oekumenischer-arbeitskreis.de.