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Von – 1. Juni 2011

Fußball: Hetze gegen „Homos“

Tanja Walther-Ahrens, ehemalige Fußballerin von Turbine Potsdam und heute beim Deutschen Fußballbund für Bildungsarbeit zuständig, bei ihrem Vortrag im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum. Foto: Ilona Surrey

DFB-Expertin Tanja Walther-Ahrens sprach über Diskriminierung

Fußball ist nicht immer schön. So halten Fans in den Stadien schon mal Banner hoch, auf denen Frauenteams als „Homo-Fotzen“ beschimpft werden. Oder es kursieren Aufnäher, die einzelne Spieler als Strapsträger und „schwule Sau“ attackieren, oder T-Shirts mit dem Aufdruck „Fußball ist homofrei“.

Während Rassismus und Antisemitismus in der Fußballwelt inzwischen weitgehend geächtet sind, treten Homophobie (also Feindschaft gegen Lesben und Schwule) und Sexismus (Herabwürdigung von Frauen) nach Beobachtung der Sportwissenschaftlerin Tanja Walther-Ahrens noch immer offen zutage. Die ehemalige Spielerin von Turbine Potsdam war im Vorfeld der Frauen-Weltmeisterschaft zu einer Diskussion ins Evangelische Frauenbegegnungszentrum nach Frankfurt gekommen.

Wenn Fans mit diskriminierenden Spruchbändern in den Stadien stehen, „tun Vereine oftmals so, als ob sie keine gesellschaftspolitische Verantwortung hätten“, kritisierte Walther-Ahrens. Dabei komme es immer wieder zu „unsäglichen Übergriffen“.

Der Deutsche Fußballbund beziehe inzwischen aber eindeutig Position und sponsere unter anderem die Anti-Diskriminierungskampagnen der „European Gay and Lesbian Sport Federation“. Auch Präsident Theo Zwanziger spreche diesbezüglich klare Worte. Doch bis auch Fans und Vereine der Homophobie den Rücken kehren, sieht die ausgebildete Trainerin einen langen Weg vor sich liegen. Während man schwule Politiker oder lesbische Pfarrerinnen heute akzeptiere, sei der Fußball ein „nationales Sportheiligtum, das nicht besudelt werden darf“. Bei den Recherchen zu ihrem Buch „Seitenwechsel. Coming out im Fußball“ habe sie erfahren, dass die Fußballwelt zu den „fortschrittresistentesten Bereichen unserer Gesellschaft“ gehört.

Doch auch dort sind Veränderungen möglich. Junge Menschen halten es vermutlich für einen schlechten Witz, dass Frauenfußball in Deutschland bis 1970 verboten war, oder dass sich der Fußballbund 1989 bei den Europameisterinnen mit einem Kaffeeservice für den Sieg bedankte. Noch in ihrer Jugend musste die heute 40-Jährige gegen die ständige Ermahnung „Ein Mädchen tut so etwas nicht“ kämpfen. 2011 taten „es“ jedoch bereits mehr als eine Million Frauen und Mädchen in Deutschland. Prominente Spielerinnen haben für viele Mädchen Vorbildfunktion.

Allerdings wird die Freude über den Aufwind des Frauenfußballs durch die ungebrochene Diffamierung homosexueller Spielerinnen und Spieler getrübt. Einer aktuellen Studie zufolge ist Homophobie besonders bei Jugendlichen wieder auf dem Vormarsch. Daher findet es Walther-Ahrens „wichtig, dass sich lesbische Fußballerinnen outen“. Zum einen würde das dem „Lesben-Image” des Frauenfußballs entgegen wirken – bei Turbine Potsdam zum Beispiel sei die Hälfte des Teams heterosexuell. Zum anderen würde es zeigen: „Fußball ist alles“.

Das Tabuthema bringt Walther-Ahrens neuerdings auch an höchster Fußballstelle zur Sprache. Seit Anfang des Jahres obliegt ihr beim DFB in der Kommission „Nachhaltigkeit“ der Bildungsbereich.

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Beitrag von , veröffentlicht am 1. Juni 2011 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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