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Von – 1. Oktober 2011

Eingeplackt: Neu in Frankfurt

Ein neuer Wohnort kann verheißungsvoll sein – neue Runde, neues Glück. Ein Umzug ist aber auch anstrengend. Man muss wieder von vorne anfangen, Kontakte knüpfen, Freunde finden, in fremder Stadt heimisch werden.

Erster Morgen in der neuen Wohnung. Beim Aufwachen schmerzen noch alle Glieder vom Kistenschleppen und Auspacken. Erst mal orientieren: Wo bin ich eigentlich? Über Farbeimer und Werkzeugkästen stolpert man ins Bad. In welchem Karton waren nochmal Duschdas, Bürste und Rasierapparat?! Man wird noch vieles viele Male suchen. Vielleicht kommt das Wort „Umzug“ ja daher, dass es sich zieht, bis die Alltagsgegenstände ihren Platz gefunden haben. Es braucht seine Zeit, bis man sagen kann: „Jetzt fühle ich mich hier so richtig zuhause.“

Umzug ist immer mit Abschied und Aufbruch verbunden. Man verlässt Vertrautes, zieht die alte Wohnungstür hinter sich zu und gibt den Schlüssel ab. Mal mit Wehmut, dass ein Lebensabschnitt zu Ende geht. Mal mit Erleichterung: „Nichts wie raus hier! Gott sei Dank bin ich weg!“ So oder so muss man sich auf Neues einlassen, sich in der noch fremden Umgebung neu zurechtfinden. Neu – das kann verheißungsvoll sein. Neue Runde, neues Glück. Neu – das ist auch anstrengend: Wieder von vorne anfangen, Kontakte knüpfen, Freunde finden, in fremder Stadt heimisch werden.

Als Neuer in Frankfurt muss man sich an einiges gewöhnen: Daran, dass man als Zugereister bei den Hiesigen „eingeplackt“ heißt. Dass sich „waschechter“ Frankfurter nur der Glückliche nennen darf, dessen Familie mütterlicher- wie väterlicherseits in dritter Generation hier geboren ist. Da kann man sich als Neuer also mit der Integration Zeit lassen. Dass Frankfurt gar nicht hessisch ist, sondern als alte freie Reichsstadt schon immer einen eigenen Kopf und eine eigene Sprache hatte. Dass es einen entscheidenden Unterschied zwischen Frankfurt und Sachsenhausen gibt, zwischen „hipp de Bach“ und „dripp de Bach“.

Frankfurt hat im besten Sinne nahe am Wasser gebaut: Der Main erinnert die Stadt tagtäglich, dass das Leben im Fluss ist, dass man Altes ziehen lassen und sich auf Neues einstellen muss. Der Wechsel von einem Ufer zum anderen bringt es mit sich, immer wieder Seitenwechsel zu vollziehen, neue Perspektiven zu entdecken und Distanzen zu überbrücken. Frankfurt ist in Bewegung – als Jahrhunderte alte Messe- und Handelsstadt, als moderne City der Banken und Türme. Das fordert heraus, nicht auf sich sitzen zu bleiben, sondern sich Wandel und Austausch zu stellen.

Wer neu nach Frankfurt kommt, muss sich erstmal an einiges gewöhnen. Ein Umzug ist immer mit Abschied verbunden, aber auch mit Aufbruch. Foto: Heino Pattschull / Fotolia.com

Das ist eine Lebenseinstellung, eine Geisteshaltung, die es in der Bibel schon auf den ersten Seiten gibt. Gott spricht zu Abraham: „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will.“ Glauben heißt aufbrechen. Innerlich in Bewegung bleiben, aufgeschlossen und aufmerksam für das, was jeder neue Lebensabschnitt bringt und bedeutet: den Zauber und die Schwere allen Anfangs. Beides kann einem zu schaffen machen. An beidem kann man wachsen.

Umzug ist auch eine kritische Zeit, in der manches auf den Prüfstand kommt. Darum sind bei jedem Anfang Zeichen des „Herzlich willkommen“ so wichtig. Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz, die sich Zeit nehmen, um dem oder der Neuen den Einstieg zu erleichtern. Die nicht auf dem Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ beharren, sondern selbst neugierig auf neue Ideen sind. Nachbarn, die nach altem Brauch Brot und Salz zum Einzug vorbeibringen.

„Unser tägliches Brot gib uns heute“, heißt die Bitte im Vaterunser. Brot steht für den Wunsch, dass alles Wichtige zum Leben immer genug vorhanden ist. Salz, damit das Leben im neuen Zuhause die notwendige Würze bekommt. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, dichtet Hermann Hesse. Manchmal auch ein Schrecken. Hoffentlich vor allem ein Segen, der durch Schwierigkeiten leitet und einen guten Weg auf neuem Terrain finden lässt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Oktober 2011 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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Martin Vorländer jetzt Redakteur der Evangelischen Sonntagszeitung. Vorher war er Pfarrer in der Sachsenhäuser Dreikönigsgemeinde.