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Von – 13. Februar 2012

Kirche 2030: Weiblich, kommunikativ und fromm

Friedrich Wilhelm Graf war einer der Referenten beim Kongress zur Zukunft der Religion in Erfurt. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth.

Die Prognose ist einfach: Die Zahl der Kirchenmitglieder wird in den kommenden Jahren massiv zurückgehen. Vor allem die Demographie sorgt dafür – es sterben mehr Evangelische, als getauft werden. Sicher wird es in Frankfurt nicht soweit kommen wie in Mitteldeutschland, wo auf 208 Gemeindemitglieder ein Kirchengebäude kommt. Aber man wird sich strategisch etwas überlegen müssen.

Ilse Junkermann, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, rät ihren Gemeinden: „Kommt zusammen, betet, singt und überlegt, wo ihr in der Welt helfen könnt“. Ob das reicht für die Zukunftsfähigkeit von Kirche? Man möchte ja und nein sagen.

Ein Symposium der Akademie der Bruderhilfe „Religion 2030“ in Erfurt suchte Antworten, und warf doch mehr Fragen auf.  Es lassen sich ein paar Entwicklungen und Hoffnungen herausfiltern. Unstrittig ist, dass der Pfarrberuf „weiblicher“ wird. Vor allem Frauen studieren heute Theologie, ihr Anteil wird daher noch deutlich größer werden als das derzeitige Drittel. Der Münchner Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf stellte hier ein Auseinanderdriften der beiden großen Kirchen fest – denn das größte Problem der katholischen Kirche, bei der das Amt nur von Männern ausgeübt werden darf, ist der Mangel an Priestern.

Ein zentrales Problem beider Kirchen ist, dass sie ihre Botschaft nicht mehr vermitteln können, und zwar nicht einmal ihren eigenen Mitgliedern. Dies hat kürzlich erst wieder die Studie „Was glauben die Hessen“ von Michael Ebertz belegt, der von einer „Gottesvermittlungskrise“ spricht.

Ein Schwerpunkt einer künftigen Stadtkirche wird daher die Kommunikation sein müssen. Wenn es nach Bruder Paulus Terwitte geht, werden in Frankfurt zentral gesteuerte elektronische Schaukästen informieren und einladen. Die Kirche wird über ein Callcenter 24 Stunden erreichbar sein, und natürlich bekommt jedes Kirchenmitglied eine „Kundenzeitschrift“. „Warum soll ich als Kirchensteuerzahler schlechter gestellt sein als jedes ADAC-Mitglied?“ fragte der Frankfurter Kapuzinermönch.

Für die Kommunikation innerhalb der Theologie gibt es keine Patentrezepte. Der Theologe Graf sieht einen „Aderlass“. So würden siebzig Prozent der in München mit „Summa cum laude“ Promovierten nicht in den kirchlichen Dienst gehen. Die besten Köpfe gehen anderswo hin, weil für sie die Kirche kein attraktiver Arbeitgeber sei. „Lieber Taxifahrer als bayerische Landeskirche“, zitierte er das Fazit eines Doktoranden. Noch nicht einmal einen nationalen Stellenmarkt gibt es für Theologinnen und Theologen.

Sicher wird im Jahr 2030 der Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen noch bedeutsamer sein als er heute schon ist. Es bedarf, so Graf, „einer neuen Form von Apologetik“, also der „Verteidigung“ und Erläuterung christlicher Glaubensinhalte. 2030 werden in den Gemeinden nur noch wenige Hauptamtliche tätig sein. Diese würden, so Graf, dann nicht verwalten, sondern „die Kommunikation mit dem Evangelium ausführen“. Also Gottesdienste feiern und durchaus auch kontroverse Gespräche mit und über andere Religionen und Weltanschauungen führen. Die sozialen Dienste der Kirche und die Diakonie hingegen werden sich in Zukunft wohl selbst refinanzieren müssen.

Dem Fazit „Schließlich geht es darum, wie wir unserem Auftrag gerecht werden und nicht wie wir uns selbst erhalten“ von Bischöfin Junkermann kann man nur zustimmen. Doch beides schließt sich ja nicht aus.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 13. Februar 2012 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.