Weitere Argumente zur „Integrationsdebatte“
Argumente zur so genannten „Integrationsdebatte“ in Deutschland bietet dieses Buch. Es zeigt, dass Konflikte und soziale Spannungen, die neuerdings unter dem Label „Kultur“ oder „Religion“ geführt werden, in Wirklichkeit von sozialem Ausschluss und von ungerechten Teilhabechancen her kommen. Theoretische Analysen wechseln sich dabei mit Reportagen vor Ort ab.
Aufgeräumt wird mit der Idee, Rassismus oder Anti-Islamismus seien Phänomene, die besonders oft in bildungsfernen Milieus anzutreffen seien. Im Gegenteil: Es sind vor allem die Eliten, die selbst ernannten „Leistungsträger“, unter denen solche Einstellungen in den vergangenen Jahren zugenommen haben.
Manchmal sind es auch nur Kleinigkeiten, die bereits einen falschen Dreh hineinbringen. Wie bei jener Grundschullehrerin, die ihre Schülerinnen und Schüler bittet, am nächsten Tag ein „in ihren Herkunftsländern typisches Frühstück“ mitzubringen. Das ist zwar gut gemeint, transportiert aber genau wieder jene falsche „Kulturalisierung“: Die Kinder werden nicht in ihrer Individualität gesehen, sondern zu Repräsentantinnen und Repräsentanten einer Kultur gemacht. Besser wäre es, zu fragen: „Was esst Ihr normalerweise zuhause zum Frühstück? Bringt das morgen mal mit.“ So würden Unterschiede ebenfalls sichtbar, aber es würden nicht gleich wieder Klischees produziert.
Das Buch informiert auch über interessante Studien. Bei einem Experiment wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, die ethnische Herkunft von Gesichtern zu bestimmen: Personen in Anzug und Krawatte ordneten sie dabei tendenziell „weißer“ ein als Personen mit der Kleidung von Pförtnern oder Hausangestellten, obwohl es dieselben Gesichter waren.
Eva Maria Bachinger, Martin Schenk: Die Integrationslüge. Antworten in einer hysterisch geführten Auseinandersetzung. Deuticke, 207 S., 2012, 17,90 Euro.