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Von – 10. Oktober 2012

Einfacher Test auf Trisomie

Auch in Deutschland ist nun der so genannte „Praena-Test“ auf dem Markt. Er kann mit einer einfachen Blutuntersuchung bei Embryos ab der zwölften Schwangerschaftswoche das Down-Syndrom (Trisomie 21) erkennen.

Foto: philidor / Fotolia.com

Um Trisomie festzustellen war bisher eine Fruchtwasserpunktion notwendig, die immer auch ein Risiko für Mutter und Kind darstellte. Trotzdem wurden jedes Jahr in Deutschland 30 000 solcher Untersuchungen vorgenommen. Lautete die Diagnose Down-Syndrom, so folgte in neun von zehn Fällen eine Abtreibung.

Die Journalistin Monika Hey bringt das ethische Dilemma, das hinter solchen medizinischen Möglichkeiten steckt, auf die Formel: „Gentests sind nicht dazu da, Behinderungen zu verhindern, sondern behinderte Kinder.“ In der Tat befürchten Kritiker, dass es mit der nun völlig unkomplizierten Verfügbarkeit dieses Tests zur Routine wird, während der Schwangerschaft auf Trisomie 21 zu testen. Damit könnte die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Eltern von Kindern mit Down-Syndrom weiter schwinden. Unausgesprochen wären sie immer der Frage ausgesetzt: Wie konnte euch denn das passieren? Wieso habt ihr denn nicht getestet?

Manche befürchten, die vorgeburtliche Selektion von behinderten Menschen könnte gesellschaftsfähig werden. Die Diskussion über vorgeburtliche Diagnostik geht deshalb weit über die Frage hinaus, was medizinisch sinnvoll und nützlich ist. Sie rührt am sozialen Selbstverständnis einer Gesellschaft: Gilt nur der perfekt funktionierende Mensch etwas? Sind Menschen mit einem Handicap eine Last für die anderen – oder eine Bereicherung?

Bei den „Paralympics“ in London waren zwar Menschen mit Behinderungen medial so präsent wie noch nie, aber eben nur solche mit herausragenden Leistungen. Was macht aber ein Leben lebenswert? Ist es die Leistung eines Menschen oder sein Leben an sich? Martin Luther sprach sich klar gegen jegliches Leistungsprinzip aus: Der Mensch ist ohne Vorbedingung, ohne Vorleistung von Gott angenommen. Deshalb kann auch das Leben eines Menschen mit Handicap ganz einfach glücklich sein.

Solche Überlegungen machen jedoch für die Betroffenen, besonders für die schwangere Frau, das ethische Dilemma nicht leichter. Wer kann schon wissen, ob Eltern sich überfordert fühlen, ein behindertes Kind zu versorgen? Denn trotz aller Bemühungen und der Forderung nach gesellschaftlicher Inklusion von Menschen mit Behinderungen: Die Last der Versorgung bleibt doch bei der Familie.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 10. Oktober 2012 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Pfarrer Jeffrey Myers schrieb am 10. Oktober 2012

    „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten…“

    Ich kann mir kaum etwas vorstellen, was Gottes Welt zurzeit nötiger hätte, als die Vielfalt von Gaben, die Menschen mit Down-Syndrom mitbringen. Mit einem extra Chromosom 21 werden sie bekanntlich ausgestattet, dafür meist auch mit einer herzerfrischenden Offenheit und Wärme, Gelassenheit und Vertrauen.
    Zu den schönsten Urlaubserinnerungen im vergangenen Sommer zählt die Begegnung mit einem jungen Mann mit Trisomie 21. Unter den zahlreichen Menschen, die mir an jenem Tag auf dem Wanderweg in den Rocky Mountains entgegenkamen, war er wohl der einzige, der mir spontan und aufrichtig die Hand ausstreckte und mich aufheiterte, sodass ich für einen Moment meine müden Beine vergessen konnte. Seine Eltern müssen stolz auf ihn sein. Wegen ihm und solcher gleichgesinnten Menschen ist die Welt ein schöner, ein viel schönerer Ort.
    In einer Welt, in der der Fremde zunehmend als potentieller Feind angesehen wird, braucht man umso mehr Menschen, die sich natürlich und vertrauensvoll ihren Mitmenschen, einschließlich fremder Personen, hinwenden.
    An jenem Sommertag in den Bergen hatte ich den Eindruck, dass der junge Mann, offenbar von einer glücklichen Familie umgeben, nur ein „Problem“ hatte: Seine Geschwister konnten mit seinem Tempo auf dem Weg zum Gipfel kaum mithalten.