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Von – 13. Februar 2013

Empörung allein bringt nichts

Hoch sensibel reagiert die Gesellschaft auf vermeintliche oder tatsächliche Fehltritte führender Persönlichkeiten. Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Kirche. Aber Empörung allein bringt nichts.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Kein Zweifel, ein Flug erster Klasse, um Slums in Indien zu besuchen, lässt sich kaum rechtfertigen. Und eine Studie zur Größe der kirchlichen Dienstwagen und ihrem CO2-Ausstoß hat ergeben: Die Limousinen der Oberklasse verbrauchen zu viel.

Keine Frage – Führungspersönlichkeiten müssen sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen. Nur: Kleinliche Neiddebatten helfen nicht weiter. Es ist doch völlig einleuchtend, dass Minister und Aufsichtsratsvorsitzende in bequemen Autos durchs Land gefahren werden. Schließlich ist der Wagen für sie ihr zweites Büro, und zudem bieten die Autohersteller deftige Nachlässe an, weshalb auch manch kirchliche Führungspersönlichkeit nicht im Golf vorfährt.

Apropos Golf. Kann man es Peer Steinbrück wirklich übel nehmen, dass auch er Wagen mit großem Hubraum bevorzugt? Würden wir das nicht alle tun, wenn wir als Spitzenpolitiker unterwegs wären? Sein Fehler war lediglich, dass er es gesagt hat. Sicher ist es auch richtig, dass es irgendwie eine Unwucht darstellt, wenn ein Sparkassendirektor besser bezahlt wird als die Kanzlerin. Man sollte solche Sparkassen- und Bankgehälter gerade in Zeiten der Finanzkrise überdenken. Schließlich können immer mehr Menschen von ihrem Lohn kaum leben, während die Spitzengehälter in ungeahnte Höhen schießen.

Würden wir nicht auch das Geld nehmen?

Doch zurück zum Kanzlerkandidaten. Seine Äußerung wurde so verstanden, als fordere er für sich im Kanzleramt mehr Geld. Einem, der seine Vorträge so teuer wie möglich verkauft, traut man das zu. Aber seien wir ehrlich: Würden wir nicht auch das Geld nehmen?

Mediale Empörung über das Fehlverhalten Einzelner verschleiert eher Missstände, als dass es sie aufdeckt. Warum muss ein Unternehmen der Stadtwerke Bochum überhaupt solch teure Marketingmaßnahmen machen? Warum wird die Automobilindustrie nicht dazu verpflichtet, Autos mit niedrigem Verbrauch zu bauen? Warum gibt es ein Steuerprivileg für Dienstwagen? Und schließlich: Wie kann man eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums erreichen?

Schwierige Fragen mit komplexen Antworten. Das ist schlecht auf eine Schlagzeile zu bringen und anstrengend zu verstehen. Empörung geht halt einfacher.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 13. Februar 2013 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Peter Vogel schrieb am 13. Februar 2013

    Ja klar – es ist natürlich für alle „Handaufhalter“ besser, das Mäntelchen des Schweigens über Fehltritte zu breiten! Und das in Politik und Kirche!
    Was geht es das Volk an, wer sich mal wieder jemand bereichert. Ein Schlag ins Gesicht für die ehrenamtlichen Mitarbeiter in Staat und Kirche!
    Die Menschen, die sich ganz unten engagieren, würden bestimmt kein Geld nehmen – sie bringen dieses noch mit und leisten einen unentgeltlichen Dienst ! Die kommen auch mit einem Golf zurecht oder nehmen die öffentlichen Verkehrsmittel. Es muss nicht immer ein Luxusauto sein. Zwischen den Städten und Gemeinden gibt es ein wunderbar ausgebautes Schienennetz, zu benutzen durch übertragbare Zeitkarten.

    Irgendwann wird solch eine Einstellung, wie sie unter anderem Herr Eimuth vertritt, nach hinten losgehen – die Bevölkerung lässt sich nicht ewig mit Ausreden und Rechtfertigungen abspeisen lassen.

    Peter Vogel