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Von – 18. November 2013

Reiche Kirche?

Interview mit der Vorstandsvorsitzenden des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, über die Frankfurter Kirche und das Geld.

Foto: Rolf Oeser

Foto: Rolf Oeser

Evangelisches Frankfurt: Frau Gebhardt, der Kirche wird in den letzten Wochen vorgehalten, sie sei reich. Ist der Evangelische Regionalverband reich?

Gebhardt: Das kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten. Ja, die evangelische Kirche ist reich, wenn man sie aus der Perspektive eines Dritte-Welt-Landes anschaut, in dem die Kirche weder über Immobilien noch über Geld verfügt. Ich will aber auch sagen: Nein. Und zwar am Beispiel der kirchlichen Immobilien und des kirchlichen Personalbestandes. Die Kirche verfügt auch in Frankfurt über zahlreiche Immobilien: Kirchengebäude, Gemeindehäuser, diakonische Einrichtungen, Kindergärten, Wohnhäuser, hauptsächlich für die Mitarbeitenden. Ein großer Bestand, aus dem wir aber keinerlei Gewinn oder Rendite erzielen. Wir müssen bekanntermaßen bereits Kirchen aufgeben, weil wir nicht mehr in der Lage sind, den Bauunterhalt angemessen zu finanzieren. Dafür fehlt uns Geld. Die Kirche verfügt in Frankfurt über einen Haushalt von etwa von 130 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Wenn Sie aber bedenken, dass davon etwa 80 Prozent Personalkosten sind und dahinter fast 3500 Mitarbeitende stehen, die angemessen bezahlt und sozialversichert werden wollen, und wir ja auch die Forderung der Gewerkschaft wahrnehmen, dass die Kirche nicht schlechter bezahlen darf, als der öffentliche Dienst, dann brauchen wir diesen „Reichtum“. Er verzehrt sich für die soziale Arbeit und für das Personal und den Unterhalt unserer Gebäude.

Wird der Haushalt des Verbandes transparent verwaltet?

Ja. Er wird von vielen haupt- und ehrenamtlichen Gremien in der Kirche beraten. Er wird jährlich öffentlich auf der Regionalversammlung diskutiert. Jeder und jede Interessierte kann in den Haushalt Einsicht nehmen und genau nachvollziehen, wie viel Geld für jede Position veranschlagt ist – bis dahin, wie viel Geld die Vorsitzende für ihr Büro zur Verfügung hat.

Sie könnten nicht für ein Bauprojekt 30 Millionen freigeben?

Nein. Dieses abgesicherte und transparente System schützt uns vor Missbrauch durch Einzelpersonen. Jede Maßnahme, die ich veranlasse, muss von den Gremien beschlossen sein und unterliegt zusätzlich einer nachträglichen Rechnungsprüfung. Dazu kommt das Vier-Augen-Prinzip, nach dem ich ohnehin allein gar keine Zahlung veranlassen kann.

Es wird ja auch kritisiert, dass die Kirchensteuer, also die Mitgliedsbeiträge der Kirche, vom Staat eingezogen werden.

Das ist eine Vereinbarung zwischen Staat und Kirche, die beiden Seiten nutzt. Die Kirche bekommt die Kirchensteuer errechnet und eingezogen und bezahlt dafür drei Prozent des Steueraufkommens an den Staat. Wenn die Kirche das selbst machen würde, würde es für sie teurer werden – und der Staat hätte eine Einnahmemöglichkeit weniger.

In der Diskussion sind auch die von der Stadt unterhaltenen Dotationskirchen. Das geht auf die Enteignung der Kirche vor 200 Jahren zurück. Soll das so weitergehen?

In Frankfurt ist das gegenwärtig kein Thema. Man kann sich allerdings auch andere Modelle vorstellen, etwa eine Ablösung der städtischen Verpflichtungen gegenüber den Kirchen. Dies würde bedeuten, dass die Stadt Millionenbeträge zur Verfügung stellen müsste, um den Nutzungsausfall abzugelten, der den Kirchen durch das damalige Enteignungsverfahren entstanden ist. Möglicherweise wird man zu solchen Lösungen kommen, und die Kirche wird sich dem auch nicht verschließen. Andererseits muss man bedenken, dass die Innenstadtkirchen auch ein Faktor für die gesamtstädtische Öffentlichkeit sind, auch für den Tourismus. Insofern sollte es auch ein öffentliches Interesse an dem Unterhalt der kulturell und städtebaulich herausragenden Innenstadtkirchen geben.

Der Haushaltsplan des Evangelischen Regionalverbandes für 2014 kann vom 16. bis 20. Dezember 2013 öffentlich eingesehen werden, Kurt-Schumacher-Straße 23, täglich von 9-15 Uhr.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 18. November 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.

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