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Von – 27. Januar 2014

„Subsidiarität bewahrt Vielfalt“

Wenn Verbände, Organsiationen und Kirchen gesellschaftliche Aufgaben übernehmen, ist das gut, findet Hans-Jürgen Papier, der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Das „Subsidiaritätsprinzip“ sei für Europa gut, weil es Einheit und Vielfalt gleichzeitig ermögliche.

Hans-Jürgen Papier, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, diskutierte auf Einladung der Evangelischen Akademie Frankfurt über die Europäische Union und das Subsidiaritätsprinzip. Foto: Rolf Oeser

Hans-Jürgen Papier, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, diskutierte auf Einladung der Evangelischen Akademie Frankfurt über die Europäische Union und das Subsidiaritätsprinzip. Foto: Rolf Oeser

Das so genannte „Subsidiaritätsprinzip“, wonach Verbände und Organisationen mit gesellschaftlichen Aufgaben betraut sind, die nicht vom Staat selbst geregelt werden müssen, sei ein Hoffnungsträger für Europa, glaubt Hans-Jürgen Papier. Es gestatte einerseits die europäische Einigung und wahre gleichzeitig die Vielfalt der nationalen Identitäten. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts sprach bei einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie, die unter dem Titel „Bevormundung oder Bürgerfreiheit? Die Belebung des Subsidiaritätsprinzips“ Vertreter aus Politik, Kirche und Gewerkschaft eingeladen hatte.

Dass der Staat erst dann in die Pflicht genommen wird, wenn die unteren Ebenen an ihre Grenzen stoßen, gewährleiste die Nähe zu Bürgerinnen und Bürgern, betonte Papier, und begrüßte, dass sich der neue EU-Vertrag ausdrücklich „zu einer von unten nach oben aufgebauten Ordnung bekennt“. Wichtig sei nun, bei den nationalen Parlamenten das Bewusstsein für die Notwendigkeit ihrer Mitwirkung zu stärken. Sie seien die „Hüter des Subsidiaritätsgedankens“, dessen wichtigste Stütze die kommunale Selbstverwaltung ist – und die sei der entscheidende Ort für demokratische Partizipation und bürgerschaftliche Mitgestaltung.

Viele Menschen sähen in der Europäischen Union kein Erfolgsprojekt, das Frieden, Freiheit und Wohlstand garantiert. Stattdessen mache sich Skepsis oder gar Feindschaft breit und Angst vor Fremdbestimmung. Brüssel sei für viele ein Synonym für Bürgerferne, Normen und Regulierungswut. Nicht ganz unschuldig seien hieran die nationalen Politiker, die bei unliebsamen Diskussionen gerne die Verantwortung auf übergeordnete EU-Instanzen schieben, kritisierte der Jurist.

Auch René Brosius-Linke, Referatsleiter für Integration und Europa im Hessischen Justizministerium, lobte das Subsidiaritätsprinzip. Bei der anschließenden Diskussion wies er auf ein in seinem Haus dafür eigens entwickeltes Prüfraster hin. Das Problem sei allerdings, dass „jeder unter Subsidiarität etwas anderes versteht“. Trotzdem ist Brosius-Linke zuversichtlich: „Europa ist schließlich ein Prozess.“ Im Vergleich zu früher habe sich das Verhältnis zur Subsidiarität deutlich intensiviert.

Alexander Dietz, Referent für Armutspolitik bei der der Diakonie Hessen, sieht im Subsidiaritätsprinzip „die entscheidende politische Grundlage für diakonisches Handeln“. Dass der Staat einen Teil seiner Aufgaben Verbänden und Kirchen überlässt und sie dafür finanziert, habe sich in Deutschland sehr bewährt. Dahinter stünden zwei wichtige Grundgedanken: die Begrenzung der staatlichen Allmacht und das Einhalten der Unterstützungspflicht. Seiner Überzeugung nach würde es sich lohnen, das hiesige Subsidiaritätsmodell in der gesamten Europäischen Union zu verbreiten.

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Beitrag von , veröffentlicht am 27. Januar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

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