Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Martin Urban, Physiker und Wissenschaftspublizist, streiten miteinander.
Das Leben, sagt Urban, sei aus dem Zusammenwirken von Zufall und Notwendigkeit entstanden; es gebe keinen naturgesetzfreien Raum. Eine „Offenbarung“ könne nur ein kreativer Akt sein, sie komme nicht von außen, sondern passiere im menschlichen Kopf. Wenn Menschen die Natur als unbegrenzt definieren, „vergotten“ sie sie, erwidert Schneider. Er verstehe die Natur als Schöpfung Gottes, insofern gebe es auch naturgesetzfreie Offenbarungen.
Während Urban vor einem irrationalem Fundamentalismus warnt, warnt Schneider vor Wissenschaftsgläubigkeit. Er findet, dass Erziehung zur Kritik heute weniger wichtig ist als nachhaltig Vertrauen zu stärken.
Interessant ist aber nicht nur, worüber die beiden Protestanten streiten, sondern auch, wie: respektvoll, aber unbeugsam in der Sache und sehr kenntnisreich. Beim Lesen ergibt sich so eine Synthese aus dem unbedingtem Gottvertrauen des Theologen und den radikalen Fragen des Wissenschaftlers. Wo die Wahrheit liegt, muss der Leser oder die Leserin gut protestantisch selbst entscheiden. Das Buch liefert hervorragende Argumente für beide Seiten.
Nikolaus Schneider/Martin Urban: Was kann man heute noch glauben? Ein Disput. Gütersloher Verlagshaus. 144 Seiten, 16,99 Euro.