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Von – 14. Juni 2014

Sucht im Alter ist oft ein Tabuthema

Alkohol, Tabletten – bei alten Menschen kommt es häufig zu einem riskanten Genuss von Suchtmitteln. Doch das Thema ist tabuisiert. Das Projekt „Sucht im Alter“ des Hufelandhauses in Seckbach ist in Deutschland einzigartig.

Foto: donfiore / Fotolia.com

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Nennen wir sie Erna F. Die 75-jährige ist oft nicht ansprechbar. Sie ist apathisch und hat wenig Kontakt zu anderen Menschen. Ihre Familie lebt weit verstreut, einige Freundinnen sind bereits verstorben. Der Nichte von Erna F. fällt in letzter Zeit auf, dass häufig leere Flaschen von Hochprozentigem beim Glasmüll stehen. Sie weiß auch, dass ihre Tante Schlaf- und Beruhigungstabletten nimmt, und ist beunruhigt.

Bei älteren Menschen komme es häufig zu einem riskanten Genuss von Alkohol oder Tabletten, doch das sei ein tabuisiertes Thema, sagt Martin Wolf vom Hufelandhaus, einer Altenpflege-Einrichtung der Inneren Mission in Seckbach. Belastbare Zahlen zu Suchterkrankungen älterer Menschen liegen kaum vor, aber schätzungsweise sind in Deutschland rund 400 000 Menschen über 60 Jahren alkoholsüchtig. Bis zu 2,8 Millionen ältere Menschen nehmen zu viele so genannte „psychoaktive Medikamente“ wie Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmittel ein.

Eine Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass etwa 14 Prozent der Menschen, die von ambulanten Pflegediensten oder in stationären Einrichtungen der Altenhilfe betreut werden, Alkohol- oder Medikamentenprobleme haben.

Hilfestellung bietet jetzt das in Deutschland einzigartige Projekt „Sucht im Alter“ im Hufelandhaus. Es will Betroffenen zu mehr Lebensqualität und Lebensfreude verhelfen, indem es ein Hilfenetz aufbaut. „Wir besuchen die Menschen zuhause“, berichtet Projektleiter Wolf. „Dann überlegen wir, wie wir am besten an sie herantreten können.“

Es gelte, zunächst das Vertrauen der älteren Menschen zu gewinnen, betont Wolf. „Man kann einem 85-Jährigen nicht einfach sagen, er soll aufhören zu trinken.“ Doch man könne durchaus mit den Betroffenen daran arbeiten, maßvoll zu trinken. Völlige Abstinenz sei nicht das Ziel.

Auch andere Formen wie Spielsucht oder der übermäßige Gebrauch von Abführmittel können in dieser Altersgruppe ein Problem darstellen, berichtet Wolf. Die Beratungsstelle „Sucht im Alter“ ist für Betroffene in Seckbach und den angrenzenden Stadtteilen unter Telefon 069 4704281 erreichbar. In anderen Stadtteilen können sich Betroffene und Angehörige an den Sozialdienst für alte Bürger im jeweiligen Sozialrathaus wenden.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 14. Juni 2014 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe , .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.