Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 9. April 2015

Für eine politische Kirche

Neben seiner Arbeit als Zahnarzt engagiert sich Rainer Muhs vier bis fünf Stunden wöchentlich für den Kirchenvorstand der Gemeinde Bockenheim – und das schon seit zwanzig Jahren.

Reiner Muhs während der Kirchenvorstandssitzung. Der Bockenheimer Zahnarzt legt Wert auf Vernetzung im Stadtteil und soziales Engagement. Foto: Rolf Oeser

Reiner Muhs während der Kirchenvorstandssitzung. Der Bockenheimer Zahnarzt legt Wert auf Vernetzung im Stadtteil und soziales Engagement. Foto: Rolf Oeser

Rainer Muhs, geboren 1958, ging auf die erste integrierte Gesamtschule Frankfurts, die Ernst-Reuter-Schule in der Nordweststadt. „Die Lehrer waren jung und von den 68ern geprägt“, erinnert er sich. Die Gemeinde, in der er konfirmiert wurde, war dagegen damals konservativ und unpolitisch. Infolgedessen interessierte sich Muhs nach Konfirmation und Abitur vor allem für sein Zahnmedizinstudium und das Studentenleben. Die Kirche war nicht mehr im Blick.

Das änderte sich erst, als seine Kinder in den evangelischen Kindergarten in der Werrastraße kamen. Reiner Muhs engagierte sich als Vorsitzender des Kindergarten-Ausschusses. Bald fragte ihn der damalige Bockenheimer Pfarrer Christoph Busch, ob er nicht auch in den Kirchenvorstand wolle. „Busch war sehr engagiert“, erzählt Muhs. „Er hat damals das Forum Bockenheim gegründet. Ab da fanden in der Jakobskirche regelmäßig Diskussionen zwischen Stadtteilpolitikern und Gemeindemitgliedern statt. Diese Form politischer Mitgestaltung gefiel mir.“

Mit 37 Jahren, 1994, wurde Muhs in den Kirchenvorstand gewählt und sechs Jahre später, 2001, zum Vorsitzenden. „In diesen zwanzig Jahren habe ich immer wieder spannende und kluge Menschen in der Gemeinde getroffen. Irgendwann kannte ich die Hauptamtlichen dann auch gut genug, um mit ihnen über Glaubensfragen zu sprechen“, sagt Muhs. „Dazu braucht man ja ein gewisses Vertrauen.“ Außerdem liegt ihm die synodale Struktur der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. „Da wird nicht von oben nach unten regiert, sondern Entscheidungen kommen demokratisch zustande.“

Muhs hat inzwischen mehrere Pfarrer und Pfarrerinnen erlebt. „Jetzt haben wir mit Pia Baumann und Rüdiger Kohl wieder zwei unterschiedliche Persönlichkeiten im Pfarramt. Ich finde es gut, wenn Pfarrer und Gemeinde das breite Spektrum der Glaubenswirklichkeit widerspiegeln.“

Nach wie vor engagiert sich die Gemeinde Bockenheim politisch: Im Juni 2013 unterzeichnete sie die „Bockenheimer Erklärung“, in der es um die Neubebauung des ehemaligen Uni-Campus geht. „Dort soll nicht noch mehr teurer, ungenutzter Büro-Raum entstehen wie an vielen anderen Stellen in Frankfurt“, sagt Muhs. „Wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum und wehren uns gegen eine Gentrifizierung des Stadtteils mit höheren Mieten.“ Aktuell setzt sich der Kirchenvorstand mit dem Kirchenasyl aus-
einander. „Uns beschäftigt, ob wir das gegebenenfalls wollen, und wie wir es räumlich und personell stemmen könnten.“

Neben seiner Arbeit als Zahnarzt engagiert sich Muhs vier bis fünf Stunden wöchentlich für den Kirchenvorstand, der sich etwa alle drei Wochen trifft. Auf der Tagesordnung stehen die Vernetzung zwischen Stadtteil und Gemeinde und die Organisation des Gemeindelebens. Wichtig ist ihm, dass sowohl Männer und Frauen vertreten sind und auch verschiedene Alter. „Um den Kindergarten sollte sich beispielsweise jemand kümmern, der kleine Kinder hat“, sagt Muhs. „Und auch die Aufgaben, die weniger Spaß machen, müssen verteilt werden.“

Ihm selbst gefällt neben der Gemeindeleitung das Singen in der Kantorei.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 9. April 2015 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe , .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".