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Von – 2. März 2017

Die Ankunftshalle ist ihr Wohnzimmer: Wohnsitzlose am Flughafen

Ungefähr 200 Menschen ohne Wohnung haben sich für ihr alltägliches Leben am Frankfurter Flughafen eingerichtet, darunter viele Frauen. Eine Sozialarbeiterin der Diakonie Frankfurt kümmert sich jetzt gezielt um sie.

Kristina Wessel von der Diakonie Frankfurt bietet wohnsitzlosen Menschen am Flughafen Hilfe an. Foto: Melanie Gärtner

Sie haben kleine Koffer bei sich, schlafen auf Bänken in den Ankunftshallen und nutzen die Anonymität der Massen, um ein wenig Privatsphäre zu finden. „Oft sind es die Schuhe, die mir zeigen, dass dieser Mensch schon länger auf der Straße lebt“, sagt Kristina Wessel, deren geübter Blick mittlerweile sehr gut unterscheiden kann, wer regulärer Flugpassagier ist und wer sich hier zur Ruhe bettet, weil er keine andere Möglichkeit sieht.

Seit einigen Monaten ist die Sozialarbeiterin regelmäßig am Frankfurter Flughafen unterwegs und kümmert sich um jene Menschen, die keinen festen Wohnsitz haben und den geschützten Raum der Terminals als Aufenthaltsort nutzen. Sie spricht die Menschen an, vermittelt rechtliche oder medizinische Hilfe und begleitet sie bei Bedarf zu Behörden, sozialen Einrichtungen oder ins Krankenhaus. „Diese Begleitung ist sehr wichtig, da viele sich in der Infrastruktur gar nicht auskennen“, sagt Kristina Wessel. „Wenn ich jemanden vom Flughafen in die Stadt begleite, zeige ich ihm auch gleich, wo er Kleiderkammern, Duschmöglichkeiten oder andere Angebote findet.“

Es sind rund 200 wohnungslose Menschen, die sich immer wieder am Flughafen aufhalten. 50 bis 60 davon leben dort permanent und verlassen das Gelände kaum. Darunter sind Menschen aus osteuropäischen Ländern, aber auch viele Deutsche und erstaunlich viele Frauen. „Während wir im innerstädtischen Bereich einen Frauenanteil von rund einem Viertel unter den Wohnungslosen haben, sind es am Flughafen deutlich mehr“, sagt Kristina Wessel. „Dies mag daran liegen, dass sich die Frauen durch die starke Präsenz von Sicherheitspersonal vor Übergriffen geschützter fühlen.“

Das Diakonische Werk hat innerhalb der Strukturen des Flughafens ein Netzwerk an Partnern aufgebaut, die das Projekt unterstützen. So stellt zum Beispiel die Fraport AG dem Projekt einen Büroraum zur Verfügung.

Das Diakonische Werk für Frankfurt am Main hat wohnungslose Menschen schon lange im Blick, hatte bisher aber nicht die Kapazitäten, sie neben den Einsatzfeldern in der Innenstadt adäquat zu betreuen. „Der Weg zu den Terminals ist weit und das Terrain dort komplex“, sagt Karin Kühn, Arbeitsbereichsleiterin Diakonische Dienste. „Wenn wir die Menschen dort erreichen möchten, brauchen sie eine feste Ansprechpartnerin vor Ort. Schließlich ist es unser Ziel, die Menschen am Flughafen in die Hilfsangebote zu vermitteln und das bedarf intensiver Betreuung und viel Vertrauensarbeit.“

Durch die Stadt Frankfurt und den Landeswohlfahrtsverband konnte im Diakoniezentrum Weser5 eine Stelle für das Projekt eingerichtet werden. Das Projekt ist vorerst auf drei Jahre angelegt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 2. März 2017 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe , .

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Die Filmemacherin, Journalistin und Autorin Melanie Gärtner mag es, der Welt und den Menschen um sie herum einen aufmerksamen Blick zuzuwerfen: www.m-eilenweit.de.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Werner Hellwich schrieb am 2. März 2017

    Können die 55 evangelischen frankfurter Gemeinden evt zusammen mit dem Flughafen ein Haus bauen?

  • G. Mueller-Debus schrieb am 2. März 2017

    Dass Obdachlose sich vermehrt den Airport Frankfurt wegen seiner Anonymitaet und vergleichsweisen Sauberkeit und Sicherheit aussuchen, war ja schon gelegentlich Gegenstand der Frankfurter Presseberichterstattung.
    Und dass sehr viele Osteuropaer (zumeist Roma) darunter sind, ist auch bekannt.
    Leider ist auch eine deutliche Zunahme von Gepaeckdiebstaehlen zu verzeichnen, die, wie die Faelle zeigen, in denen Taeter gefasst wurden, zumeist Osteuropaern zuzurechnen sind.

    Hier muss kompromisslos durchgegriffen werden – es geht schliesslich nicht an, dass der Frankfurter Airport den Ruf bekommt, von der Passagiersicherheit her mit Flughaefen in Entwicklungslaendern oder Osteuropa vergleichbar zu sein.