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Von – 19. Juni 2017

Sicher, Religionen sind oft patriarchal. Aber dafür kann der liebe Gott nichts.

Wenn man die öffentlichen Debatten zum Verhältnis von Religion und Feminismus verfolgt, könnte man meinen, beides würde sich gegenseitig ausschließen. Religionen seien prinzipiell frauenunterdrückerisch, heißt es oft. Das ist zu kurz gedacht. 

Antje Schrupp. Foto: Rui Camilo

Manche geben immerhin zu, dass die Religion der Geschlechtergleichheit nicht zwingend im Weg stehen muss. Was aber, wenn es noch ganz anders wäre? Wenn Religion die Freiheit von Frauen nicht nur nicht einschränkt, sondern sogar aktiv befördert?

Das ist jedenfalls die Ansicht vieler großer Theologinnen durch sämtliche Jahrhunderte gewesen. Ob Hildegard von Bingen, Margarete Porete, Teresa von Avila, Simone Weil oder Dorothee Sölle (um nur ein paar der bekanntesten zu nennen): Sie alle bezogen aus dem Glauben an Gott die Stärke, die man braucht, um sich gegen die herrschende Ordnung, gegen autoritäre Strukturen, gegen Ungerechtigkeit und, ja, wenn notwendig auch gegen die Männer zu stellen.

Nicht auf ihre eigene Stärke und Autonomie beriefen sie sich, sondern auf die „höheren Gesetze“, über die Menschen nicht verfügen können.

Christliche Feministinnen können dabei viele Bibelstellen anführen, vor allem aber zwei: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ heißt es in der Apostelge-schichte (Kapitel 5, Vers 29), und im Galaterbrief wird über die christliche Gemeinde gesagt, da sei „kein Jude noch Grieche, kein Knecht noch Freier, kein Mann und Frau, denn ihr seid alle eins in Christus Jesus“ (Kapitel 3, Vers 28). Hierarchien aufgrund von ethnischer Herkunft, sozialem Status oder Geschlecht sind also inakzeptabel. Nicht, wer Feministin ist, muss das vor Gott begründen, sondern wer es nicht ist.

Sicher stimmt, dass alle Religionen patriarchal geprägt sind. Aber dafür kann der liebe Gott nichts. Die weltlichen Dynamiken von Herrschaft, Ehrgeiz und Arroganz sind eben auch hier am Werk: Wer einmal an der Macht ist, gibt sie nicht gerne wieder ab.

Gegen Männerdominanz muss man überall vorgehen, innerhalb der Kirche wie außerhalb. Auf Gott zu vertrauen, hilft dabei.

Weiterlesen: Das Comeback des Feminismus: Jung und Alt gemeinsam für eine gerechtere Welt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 19. Juni 2017 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe , .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Friedrich Peter Niebling schrieb am 8. Juni 2017

    „Gegen Männerdominanz muss man überall vorgehen, Innerhalb der Kirche, wie außerhalb. Auf Gott zu vertrauen, hilft dabei.“
    Ist es nicht Erfolgsversprechender, wenn Mann oder Frau für etwas eintritt, anstatt gegen etwas vorzugehen? Denn wie kann gegen Dominanz vorgegangen werden, so ohne weltliche Rechtsgrundlage, und ohne den Dominanten zum Kampf einzuladen bzw. sich ihn aufzuladen? Gibt es eine Strafbarkeit gegen Dominanz? Dominanz ist eine Angelegenheit der zur Verfügung stehenden Mittel, und dem Lebensgrundprinzip der Erhaltung und Selbstdurchsetzung gezollt, und insofern auch bei Frauen zu finden. Den Menschen, die unter der Dominanz anderer leiden –sofern sie es bemerken- bleibt letztlich nichts, als sich in ihrer ganzen Potenz hervorzubringen. Womit sie zu einem erfolgsversprechenden Mittel für eine Chancengleichheit würden. Was so viel heißt, dass Frauen die Unterstützung von Frauen brauchen, anstelle des Kampfes um das sie ergänzende Gegenstück. Im Übrigen ist der Kampf der Männer um den Erhalt der Dominanz bzw. ihrer Macht, niemand anderem gezollt, als ihrer Angst vor ihren Hunger, und ihrem Hunger.
    Friedrich Peter Niebling

  • Werner Hellwich schrieb am 22. Juni 2017

    Eine interessante Fragestellung, und so manches eine Folge des strengen Monotheimus.
    In unserer heidnischen Religion gibt es zwei Götterfamilien mit Frauen, Männern, Töchtern und Söhnen:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/75/Freyja_and_Svipdag_-_John_Bauer.jpg

    „Hierarchien aufgrund von ethnischer Herkunft, sozialem Status oder Geschlecht sind also inakzeptabel“

    Hierarchien aber uasi im Reflex, und grunsätzlich ablehnen, damit kommen wir nicht immer wirklich auf den Kern.
    Besonders in der Widerstandslage der Urgemeinde gab es besondere Ordnung: „Gott ist das Haupt Jesu, Jesus ist das Haupt des Mannes, und der Mann das Haupt der Frau“,
    was ja in der Not bedeutet: Wer hält für wen den Kopf hin? Wer stirbt für wen?
    (vgl.: Sittlichkeit bei Rettung: Frauen und Kinder zuerst)

    Und Paulus nimmt die Frauen der Urgemeinde heraus aus den vorderen Reihen.

    Für eine Theologie der Widerstandslagen durchaus bedenkenswert:
    http://www.badische-zeitung.de/literatur-rezensionen/ein-mensch-kein-denkmal-mehr–27606156.html