Wenn die „Kirche im Rondell“ im Mertonviertel zum Jahreswechsel ihre Pforten schließt, endet ein einzigartiges Modellprojekt. Zehn Jahre lang haben die evangelische Thomasgemeinde und die katholische Gemeinde Peter und Paul hier Zeichen gesetzt. Neue Gottesdienstformen wurden erprobt, Kinder und Jugendliche betreut, Veranstaltungen organisiert und eine ökumenische Kindertagesstätte auf den Weg gebracht. Mit Sparmaßnahmen habe die Einstellung der Aktivitäten nichts zu tun, stellt Pfarrer Alexander Kaestner klar. Die „kirchliche Außenstelle“ sei von Anfang an befristet gewesen.
Kaestner hat sich hier vor allem um die Menschen in der Arbeitswelt gekümmert. Dass ein Gemeindepfarrer etwa Betriebsräte über den Umgang mit Mobbing informiert und auf Betriebsversammlungen spricht, war neu und wurde von den Firmen gerne angenommen. Finanziell gefördert hätten sie den Vorstoß indes nicht, bedauert der Theologe. Dass der Ausbau der Jugendarbeit oder der Versuch, ein Stadtteilbewusstsein zu stiften, im Sande verlaufen sind, führt Kaestner auf das mangelnde Profil des Neubaugebietes zurück. Selbst nach zwanzig Jahren gebe es hier weder Treffpunkte, Vereine noch eine gute Infrastruktur. Den Unternehmen sei das Mertonviertel „schnurzegal“, so Kaestner, der anfängliche Zusammenhalt der Bewohnerinnen und Bewohner habe sich verloren.
Doris Stickler