In der Schweiz wurde die Fastenfrage zum Auslöser der reformatorischen Bewegung. 1522 veröffentlichte der Züricher Reformator Ulrich Zwingli (1484-1531) seine Schrift “Die freie Wahl der Speisen”, eine Polemik gegen die kirchlichen Fastengebote. Der Anlass: Ein Buchdrucker hatte seinen Gesellen, die härter als sonst arbeiten mussten, mitten in der Fastenzeit Würste vorgesetzt. Der Skandal war perfekt und Zwingli mittendrin. Denn immerhin hatte er an diesem Mahl teilgenommen, auch wenn er auf den Verzehr der dargebotenen Würste verzichtete. Jedenfalls verteidigte er die Wurstesser. Der Streit zog immer weitere Kreise in Kirche und Regierung, bis der Rat der Stadt Zürich 1525 die Reformation einführte. Zwingli war der Meinung, dass Christen frei seien, zu jeder Zeit alle Speisen zu essen. “Die Speise ist an und für sich weder gut noch böse. Sie ist notwendig und deshalb eher gut zu nennen. Sie kann nie böse werden, außer man isst zuviel. Auch der Zeitpunkt, wann gegessen wird, kann die Speise nicht böse machen. Nur der Missbrauch durch den Menschen macht’s, wenn nämlich im Übermaß oder ohne Glauben gegessen wird”. Eine strenge Arbeitsethik hilft dabei zur Mäßigung: “Willst du gerne fasten, dann tue es! Willst du dabei auf Fleisch verzichten, dann iss auch kein Fleisch! Lass mir aber dabei dem Christen die freie Wahl!” Allerdings: Den Verschwendungssüchtigen, die sich darüber freuten, dass das Fasten nun abgeschafft war, und die nur zur Reformation überwechselten, um zuchtlos leben zu können, denen empfahl Zwingli, lieber katholisch zu bleiben.