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Von – 1. April 2001

Warum musste Jesus sterben?

Wilfried Steller ist Pfarrer in der Glaubenskirchengemeinde in Fechenheim-Nord. Foto: Oeser

Der Tod von Jesus, an den der Karfreitag erinnert, ist eine der größten Provokationen im christlichen Glauben. Dass Gottes Sohn gekreuzigt, also auf grausame Weise hingerichtet wurde, ist schon merkwürdig genug. Noch schwieriger zu verstehen ist aber, wie dieser Tod die Erlösung der Menschen bedeuten kann. Warum musste Jesus so sterben? Ein fiktiver Dialog – von Wilfried Steller

Glaubst du wirklich an einen Gott, der seinen eigenen Sohn jämmerlich verrecken lässt? Das ist doch pervers! Der hat kein Herz!

Ich denke, es hat ihm selbst das Herz gebrochen, Jesus am Kreuz enden zu sehen. Gott leidet am Karfreitag. Aber er hat das auf sich genommen, weil er ein Herz für die Menschen hat, die ja seine Geschöpfe sind. Er will, dass das Böse nicht mehr über sie regiert, dass niemand mehr einen anderen ans Kreuz nagelt.

Das Böse?

Alles, was dazu führt, dass Menschen einander nicht gerecht werden: wenn sie beleidigen, hintergehen, unterdrücken, übersehen…

Wenn Gott allmächtig ist, dann müsste er doch nur wie bei der Schöpfung ein Wort sagen, und das Böse wäre am Ende.

Gott lässt uns unsere Entscheidungsfreiheit und Verantwortung. Das Zimmer, das wir verwüstet haben, räumt er nicht auf. Wenn das Böse in uns liegt, müssen wir auch selbst dafür gerade stehen.

Dann hätte Gott den Menschen eben nur als Gutmenschen schaffen dürfen.

Eva und Adam haben vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen gegessen, obwohl Gott das mit einer Todesdrohung verhindern wollte. Wahr gemacht hat er sie dann nicht, sonst wäre die Geschichte der beiden schnell wieder zu Ende gewesen.

Dann war Gott inkonsequent und ungerecht!

Er hat schon von Anfang an Gnade vor Recht walten lassen. Offensichtlich liebt Gott das, was er geschaffen hat.

Damit hatte er dann aber zunehmend Probleme, weil die Leute meinten, seine Gnade sei ein Freibrief, tun und lassen zu können, was beliebt.

Das hat Gott auch so gesehen. „Das Dichten und Trachten des Menschen ist böse von Jugend an“ hat er schon kurz nach der Sintflut festgestellt. Aber der Regenbogen soll ein Zeichen sein, dass er keinen Vernichtungsfeldzug mehr gegen die Menschheit führen will.

Das Problem des Bösen ist damit aber nicht erledigt. Es wuchert weiter wie ein Krebs.
Was man versuchen kann, ist, es sozusagen zu schwächen und ihm etwas von seiner Kraft zu nehmen.
Und weil Gott das anders nicht geregelt bekommen hat, musste Jesus sterben? Musste es denn unbedingt ein Opfer geben?

Ich fürchte: ja. Zur Gerechtigkeit gehört es, dass Schuld gesühnt werden muss. Sonst schießt das Böse noch weiter ins Kraut. Und weil er seine Menschen nicht leiden lassen wollte, hat er selbst die Konsequenzen getragen.

Aber Jesus ist als Gottes Sohn eigentlich ein Unschuldiger gewesen. Der einzige Mensch, der ganz nach Gottes Willen lebte.

Salopp gesagt: Das ist der Trick. Wenn ein Unschuldiger die Schuld eines anderen übernimmt, ist der frei. Und Gott hat gesagt: Wenn ein Unschuldiger stirbt, dann sehe ich alle anderen als gerecht an. Jedem Einzelnen ist seine Schuld vergeben, der sich einlässt auf diesen Gedanken.

Wenn alles schon im voraus bezahlt ist, dann kann ich ja fröhlich weiter sündigen!

Du wirst zwangsläufig Schuld auf dich laden. Das Prinzip Vergebung funktioniert aber nur, wo auch Reue ist und Ärger über sich selbst. Wenn man erst fröhlich und bewusst Grenzen überschreitet und dann reumütig tut, ist das nicht gerade glaubwürdig. Und auf Vergebung gibt es keinen Rechtsanspruch gegenüber Gott.

Und verändert das Sterben Jesu nun irgend etwas im Weltgeschehen?

Die Welt ist nicht so verloren, wie sie aussieht. Wenn ich mir bewusst mache, dass einer hingerichtet wurde, damit ich unbelasteter leben kann, dann merke ich, wie viel ich Gott wert bin. Und das beflügelt, nicht mehr am Bösen zu verzweifeln, sondern guten Mut zu haben, Gemeinschaft aufzubauen, Hoffnung zu bewahren und sich unguten Entwicklungen entgegen zu stellen.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. April 2001 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.