Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 1. Februar 2002

Kinder fühlen sich schnell schuldig

Wenn Mutter und Vater sich trennen, ist das für Kinder immer schwer – Psychologen wissen Rat, wie man ihnen die Situation leichter machen kann

Eigentlich hatten sie doch alles richtig gemacht, als sie sich nach zehn Jahre Ehe trennten: Susanne und Paul haben offen über alles gesprochen, sich vernünftig geeinigt und keine schmutzige Wäsche gewaschen. Und sie wollten sich weiterhin beide um Tochter Klara kümmern. Trotzdem reagierte die Neunjährige, bis dahin ein ruhiges Kind, ungewöhnlich heftig, bekam Albträume und unerklärliche Wutanfälle.

Erst nach einer ganzen Weile stellte sich heraus, was Klara so plagte: Einige Zeit vor der Trennung ihrer Eltern war sie eines Nachts wach geworden und hatte einen Streit im Nebenzimmer mitbekommen. Eigentlich ging es um eine Nebensächlichkeit: Eine Kreditkarte war verschwunden, und die beiden Erwachsenen verdächtigten sich gegenseitig, sie verloren zu haben. Tatsächlich hatte aber Klara damit gespielt und sie nicht wieder zurückgelegt. Kurz darauf zog der Vater aus der gemeinsamen Wohnung aus – und nun dachte Klara, sie wäre an der Trennung ihrer Eltern schuld.
Solche Schuldgefühle, so Michael Bourgeon von der Psychologischen Beratungsstelle der evangelischen Kirche, sind bei „Scheidungskindern“ sehr häufig. Sie können, wie im Fall von Klara, auch dann entstehen, wenn die Eltern keine so unbedachten Dinge sagen wie: „Wenn du nicht so frech wärst, würden wir uns auch nicht so oft streiten“. Paaren, die sich trennen wollen, rät Bourgeon daher, ihren Kindern häufig und direkt zu versichern, dass sie nichts dafür können, sondern dass das ganz allein die Sache der Erwachsenen ist.

Wenn eine Familie auseinander bricht, dann ist das immer schwer für die Kinder. Daran lässt sich nichts ändern. Allerdings gibt es doch einige Tipps, wie Eltern ihren Kindern diesen Prozess erleichtern können. „Eltern sollten nicht nur erklären, was sich nun verändern wird, sondern auch, was gleich bleibt“, rät die Psychologin Barbara Frohnhöfer, „Kontinuität ist für Kinder ganz wichtig. Es hilft ihnen, wenn sie hören, dass sie weiterhin in die selbe Schule gehen oder dass sie jederzeit mit Papa reden können.“

Auf keinen Fall sollte man die Kinder in die Entscheidungen der Erwachsenen mit einbeziehen: „Wenn man das Kind fragt, wo es nach der Trennung wohnen will oder wie oft es den ausgezogenen Elternteil treffen will, dann gerät es in Loyalitätskonflikte“, warnt Michael Bourgeon. Erst bei Jugendlichen ab 12 bis 14 Jahren sei es sinnvoll, sie bei solchen Dingen nach ihrer Meinung zu fragen. Bei jüngeren Kindern sollten die Eltern die Verantwortung allein übernehmen und für das Kind entscheiden, wie es nun weitergeht. Denn wenn sie das Ergebnis ihrer Überlegungen als einen gemeinsamen Wunsch dem Kind mitteilen, braucht es sich nicht zwischen Mama und Papa zu entscheiden.

Hilfreich für Kinder, deren Eltern sich getrennt haben, kann der Austausch mit Gleichaltrigen sein, die ähnliche Erfahrungen machen. „In der Schule wird das Thema nur sehr selten angesprochen“, so Barbara Frohnhöfer, „viele Kinder glauben, sie seien die einzigen, denen das passiert.“ Die Psychologische Beratungsstelle der evangelischen Kirche in Frankfurt bietet daher regelmäßig Gruppen für Kinder zwischen 7 und 11 Jahren an. Auch Einzelberatung für Familien in Trennungsphasen ist möglich, Informationen unter Telefon 5302220.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Februar 2002 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.