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Von – 1. Mai 2002

Auf den Segen kommt es an

Zum Gottesdienst gehört der Segen. Ob Taufe, Konfirmation und Trauung – die Segnung ist der Moment, bei dem die Kameras laufen und die Fotoapparate blitzen. Das hat durchaus seinen Grund. Denn auf den Segen kommt es an. Erläuterungen von Christof Warnke

Christof Warnke ist Pfarrer im Ruhestand. Foto: Oeser

Nach dem Vaterunser lud der Pfarrer zum Tee im Anschluss an den Gottesdienst ein. Er packte sein Werkzeug zusammen, die Bibel, das Gesangbuch und das Gebetbuch, und setzte sich. Die Gemeinde stutzte, aber schließlich setzte sie sich auch. Es entstand eine unangenehme Pause. Irgendwann griff der Organist endlich in die Tasten. Da erst merkte der Pfarrer, dass er etwas Wichtiges vergessen hatte: den Segen.

Also stand der Pfarrer bei den letzten Klängen der Orgel kurzerhand noch einmal auf und sagte: „Entschuldigung. Ich habe den Segen vergessen. Also geht hin mit dem Segen des Herrn!“ Er hob die Hände und sprach den so genannten „aaronitischen Segen“ aus dem 4. Buch Mose, Kapitel 6: „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ Die Gemeinde antwortete wie gewohnt: „Amen“.

Der Segen darf nicht ausfallen. Zur Zeit findet er besondere Aufmerksamkeit. Er ist zu einem heißen Thema geworden, seit er für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gefordert und in manchen Fällen auch gespendet wird. Er war aber auch schon zuvor ein strittiges Thema. Nicht selten empören sich Leute darüber, dass die Kirche Waffen gesegnet habe – auch wenn das schon lange her ist. Es ist aber ganz richtig empfunden, dass eine Segnung von Waffen im Widerspruch zum Sinn des Segens steht. Denn Segen verbindet mit dem Heiligen, mit dem unbedingt Guten. Segen ermöglicht Leben, Frieden, Gerechtigkeit, Glück, gute Ernte, Wohlstand. Für den Glauben ist er ein Geschenk Gottes.

Der segnende Christus wird oft in Kirchen und auf Gräbern dargestellt - diese Skulptur schmückt ein Grab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Foto: Maranhão

Im Judentum und Christentum steht das Segnen vor dem Fluchen. Es ist kein Zufall, dass im christlichen Gottesdienst der Fluch keinen Platz hat, während der Segen darin nicht fehlen darf. Das geht auf Jesus zurück, der mit die Anweisung „segnet, die euch verfluchen“ das Fluchen unmöglich gemacht hat. Und: Wer dürfte nach dieser Anweisung noch jemanden vom Segen ausschließen?

Nach dem Schöpfungsbericht sind Tiere die ersten, die von Gott gesegnet wurden, dann segnete er die Menschen – beides Mal zusammen mit der Weisung, fruchtbar zu sein, sich zu mehren und die Erde zu füllen. Beim Menschen kommt der Auftrag hinzu, sich die Erde und Tiere untertan zu machen, das heißt sie zu regieren wie ein guter König, der sein Land schützt und seinem Volk Frieden bewahrt. Gott segnet schließlich auch den Sabbat, den Tag nach der Vollendung der Schöpfung. Das besagt, dass Gott positiv zu seiner Kreatur steht, zur gesamten Schöpfung, und zwar ohne Vorbehalt. Das ist für die biblische Botschaft grundlegend.

Der Segen Gottes bewirkt, dass die Geschichte der Menschheit nicht eine Fluchgeschichte ist. Es ist nämlich ein Segen – und vielleicht keine Selbstverständlichkeit – dass wir trotz allem Unglück doch auch das Wunder des Lebens, des Friedens, der Hoffnung, des Gelingens, der Freude, des Glücks, des Wohlstands, der Gesundheit, der Liebe konkret erfahren und kennen.

Nach christlichem Glauben hat Gott Jesus gesandt, damit er segne, das heißt die Menschen vom Bösen bekehre und ihnen die guten Gaben Gottes bringe. Auch bei seinen Jüngern bleibt Jesus als der in Erinnerung, der seine Hände hebt und sie segnet.

In vielen Kirchen ist im Gewölbe des Altarraums der segnende Christus als Herrscher der Welt dargestellt. Auch auf alten Gräbern findet man oft eine segnende Christusfigur. Denn bei allen Widrigkeiten: Die Welt bewegt sich unter dem Segen Gottes. Die Segensgaben Gottes sind ihr nicht fremd. Wir leben von ihnen.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Mai 2002 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Christof Warnke ist Pfarrer im Ruhestand.