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Von – 1. Oktober 2002

„Kopf hoch“ ist kein guter Rat

Wenn ein Kind schwer krank ist oder stirbt: Bei der Krankenhausseelsorge finden Eltern in solchen Fällen Hilfe und Unterstützung

Lisa war elf, als sie starb. An einer Immunkrankheit. Mehr weiß Elisabeth Knecht nicht. Sie war in den Wochen zuvor einfach da, spielte mit Lisa Karten, jeden Tag. Sie hörte den Eltern zu in ihrem Schmerz und ihrer Angst. Und am Ende beerdigte sie das Kind.

„Zuhören, nachfragen, Anteil nehmen“, das seien ihre Aufgaben, sagt die Pfarrerin. Seit sechs Jahren betreut die Krankenhaus seel sorgerin an der Frankfurter Uniklinik Eltern und Kinder auf der Frühgeborenen- und auf der Intensivstation. Wenn die ein paar hundert Gramm leichten Kinder um den Start ins Leben kämpfen, wenn alles anders kommt als erhofft, wenn die Tage und Nächte geprägt sind von Sorge und Angst, dann steht Elisabeth Knecht den verzweifelten Menschen zur Seite.

„Ein langer Weg“, sagt sie, denn oft können Eltern nicht gleich hinsehen, die Tatsache begreifen und annehmen. Dass ihr Kind schwer behindert bleiben wird, unheilbar krank oder schon tot zur Welt gekommen ist. Dann stellen die Eltern sich und manchmal auch der Pfarrerin immerfort die gleichen Fragen: „Warum gerade unser Kind? Habe ich etwas falsch gemacht? Machen die Ärzte und Schwestern alles richtig?“ Und irgendwann fragen sie: „Darf ich mein Kind aufgeben? Darf ich ihm das Sterben wünschen?“

An der Situation ändern kann sie nichts, weiß die Pfarrerin, „aber die Eltern sind froh, einfach reden zu können“. Freunde und Verwandte sind häufig schnell überfordert, wiegeln dann ab – „Kopf hoch, das wird schon wieder“ – oder drängen die Mütter und Väter nach dem Tod des Kindes vorschnell wieder in den Alltag zurück. Solche Ratschläge helfen wenig. Sinnvoller ist es, den trauernden Eltern einfach im Alltag zur Seite zu stehen. „Meine Aufgabe ist es, die Möglichkeit des Sterbens im Blick zu haben und anzusprechen“, sagt Pfarrerin Knecht. Dazu gehöre, nicht wegzuschauen, nicht vorzuschreiben, wie und wann man loslässt.

Für trauernde Mütter und Väter gibt es in Frankfurt nur wenige Anlaufstellen. Gemeinsam mit der Initiative Regenbogen, einer Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern, veranstaltet die Pfar rerin einmal im Jahr einen ökumenischen Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder in der Heilig geistkirche am Börneplatz. Der nächste ist am 10. November, um 16 Uhr.

In Arbeit ist auch eine Informationsbroschüre für Eltern, die ein Kind in der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt verloren haben. Ein wichtiger Schritt, denn nur wenige Eltern wissen, so Eli sabeth Knecht, dass grundsätzlich jedes Kind, und sei es bei der Geburt noch so klein, beerdigt werden kann. Einige Kliniken, wie die Uniklinik, übernehmen die Beisetzung. Zusammen mit anderen früh verstorbenen Kindern wird das Kind in einer Urne auf dem Hauptfriedhof beerdigt. Vor drei Jahren wurde hier ein Gräberfeld für tot geborene Kinder eingerichtet. Die Beisetzungen finden drei- bis viermal im Jahr statt.

Viele Kinder und deren Eltern hat Elisabeth bis zum Tod begleitet, viele aber auch in ein normales Leben. Denn „in der Regel“, sagt die Seelsorgerin, „werden Kinder wieder gesund.“ Elisabeth Knecht ist unter Telefon 6301-5752 zu erreichen.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Oktober 2002 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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