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Von – 1. April 2006

„… und glaubten ihnen nicht“

An Ostern, dem Fest der Auferstehung, scheiden sich die Geister, und zwar von Anfang an. Von jenem ersten Tag der Woche, als einige Frauen aus der Umgebung Jesu zum Grab gehen, um dem Toten die letzte Ehre zu geben, und das Grab leer finden, stellt sich die Frage, was die Auferstehung bedeutet. Denn sie ist ein Wunder, das sich mit denkender Vernunft allein nicht fassen lässt.

Helga Trösken verabschiedet sich im April nach 18 Jahren als Pröpstin von Rhein-Main. Foto: Oeser

Davon, dass Frauen Jesu Grab leer vorfanden, berichten die verschiedenen Auferstehungsberichte in der Bibel übereinstimmend. Darüber hinaus wird diese Geschichte aber höchst unterschiedlich erzählt, sodass Fragen offen bleiben: Was haben die Frauen gesehen, beziehungsweise nicht gesehen? Wem sind sie begegnet? Wer hat mit ihnen gesprochen? Wem haben sie weiter gesagt, was ihnen geschehen ist? Waren sie voller Freude oder voller Angst?

Auch die Reaktion der Jünger, die sich hinter verschlossenen Türen versteckt hatten, ist nicht eindeutig. Sie reicht, so wird erzählt, von großer Freude bis zu völligem Unverständnis und Unglauben. In einer alten Übersetzung: “…es dünkten ihnen Märlein und glaubten ihnen nicht“.

Die Staatsmacht reagiert eindeutig und schnell: Die wachhabenden Soldaten, die offensichtlich Wesentliches verschlafen haben, werden mit viel Geld geschmiert, sodass sie wunschgemäß die Story verbreiten: Die Jünger haben die Leiche gestohlen. Diese Version wird ebenso weitergegeben wie später die Geschichte, Jesus sei gar nicht tot gewesen, sei dann geflohen und schließlich in Indien gelandet, wo er noch gewirkt und Gemeinden gegründet habe.

Zwanzig Jahre später hat der Apostel Paulus beträchtliche Mühe, die Auferstehung Jesu zu erklären und diesen Glauben plausibel zu machen. Er selber ist kein unmittelbarer Zeuge der Auferstehung, aber er ist dem Auferstandenen so begegnet, dass er überzeugt ist: Gott hat Christus, den Gekreuzigten, von den Toten auferweckt und damit den Tod ein für allemal besiegt. Der gekreuzigte Christus lebt. Im Brief an die Gemeinde in Korinth erklärt er dieses Geheimnis, dieses Wunder mit dem Bild vom Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, und daraus wächst das Neue. Weil dieses Bild nicht sonderlich überzeugend ist, begründet er die Auferstehung der Toten mit der Auferstehung Jesu und umgekehrt, was wenig zur Klarheit beiträgt. Und das liegt in der Sache selbst:

Ostern – Jesus ist auferstanden, deshalb glaube ich an die Auferstehung der Toten. Dieser Kernsatz christlichen Glaubens ist unglaublich bis heute. Viele geben deshalb dem Dichter Recht: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ So lässt Goethe bei seinem Osterspaziergang die Menschen auferstehen aus den grauen Mauern ihrer Häuser und den Frühling in der Natur genießen – wie es wohl auch in diesem Jahr viele Menschen zu Ostern tun werden (falls es nicht wieder schneit).

Auferstehung Jesu, Auferstehung der Toten – das ist ein Glaubenssatz, der sich der rationalen Beweisbarkeit entzieht. Deshalb scheiden sich an ihm die Geister, und auch die Religionen. Christen und Christinnen aller Konfessionen glauben an einen Gott, der mit der Auferweckung Jesu von den Toten dem Tod die Macht genommen hat. Der gekreuzigte Jesus wird zum auferstandenen Chris-tus: Er lebt. Dieses Wunder entzieht sich der denkenden Vernunft und insofern auch jedem Dialog der Religionen. Diesen Glauben kann man oder frau nur bekennen und so weiter geben, dass Menschen davon angesteckt und begeistert werden. Das wäre Mission heute: Glaubwürdig den Glauben weiter geben, auch und gerade im Alltag, im täglichen Leben.

„Ich glaube an die Auferstehung“ heißt auch: Ich glaube an einen Gott, der Mensch wurde, der sich mit den Leidenden identifiziert, dessen Liebe die ganze Schöpfung umfasst. Kurz: der Glaube an die Auferstehung impliziert ein Gottesbild, das sich von anderen Gottesvorstellungen unterscheidet. Der christliche Gott ist kein höheres Wesen, kein Allmächtiger, der Mensch und Welt willkürlich oder zufällig lenkt. Die Fülle unterschiedlicher Titel, Bilder und Zuschreibungen für Gott wird in Jesus Christus „geerdet“: Gott wird Mensch in einem Kind. Gott stirbt am Kreuz. Gott entmachtet den Tod.

Übrigens ist seit Ostern auch klar, dass der Gott, an den Christen und Christinnen glauben, viel Humor hat. Das Osterlachen, ein Brauch der frühen Christenheit, steht dafür. Mit Lachen wurde der Tod verspottet, der nun keine Macht mehr hat – allen Gräbern zum Trotz!

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. April 2006 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Helga Trösken war bis April 2006 Pröpstin von Rhein-Main.