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Von – 1. Juli 2007

Anspruch, aber nicht Gesetz

Als kürzlich die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann ihre bevorstehende Scheidung bekannt gab, hat das viele Schlagzeilen und noch mehr Kommentare hervorgerufen: Steht eine prominente Kirchenfrau, die sich scheiden lässt, noch glaubwürdig für die christlichen Werte? In der Tat hat in manchen Landeskirchen, zum Beispiel in Kurhessen-Waldeck oder Sachsen, die Ehescheidung eines Pfarrers oder einer Pfarrerin in der Regel die Versetzung in eine andere Gemeinde zur Folge, während die meisten anderen Landeskirchen inzwischen meist auf Konsequenzen verzichten.

Mit einer Versetzung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das Scheitern einer Ehe nicht „normal“ ist und das biblisch-reformatorische Eheverständnis mindestens noch für die Amtsträger gelten soll. Schon im Neuen Testament wird von einer Person, die die Gemeinde nach außen hin repräsentiert, eine vorbildliche Lebensführung erwartet, und ebenso hängt bei einer Pfarrperson die Glaubwürdigkeit der Lehre von der Integrität der persönlichen Lebensführung ab. Wessen Ehe zerbricht, kann in seinem Ansehen und seiner Amtsführung beeinträchtigt sein, wenn er bei einer Trauung von der Unauflöslichkeit der Ehe spricht.

Für ein Verbleiben in der Gemeinde spricht jedoch, dass unter dem Eindruck einer veränderten gesellschaftlichen Diskussion die Ehescheidung von vielen Menschen nicht mehr als moralischer Mangel betrachtet wird. Es gilt als Anspruch, aber nicht als Gesetz, dass der Mensch nicht scheiden darf, was Gott zusammengefügt hat.

Im Unterschied zur katholischen Kirche ist die Ehe im Protestantismus kein Sakrament: Die Ehepartner äußern kein Gelöbnis, sondern ihren festen Willen, in guten wie in bösen Tagen aneinander festzuhalten, und für die Eheleute wird um Gottes Segen gebeten – in dem Wissen, dass eine Ehe, wie jedes menschliche Vorhaben, scheitern kann.

 

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Juli 2007 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.