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Aktuell

1. September 2008

Bundeskanzlerin kommt ins Gallus

p(einleitung). In der Friedensgemeinde informiert sich Merkel über das Kita-Projekt „Frühstart“

In der Kindertagesstätte der Friedensgemeinde im Gallusviertel herrscht in diesen Tagen Aufregung: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren Besuch angekündigt. Am 21. August wird sie sich hier im Rahmen ihrer Deutschlandreise zum Thema Bildung über das Projekt „Frühstart“ informieren. Es wurde in Hessen entwickelt, um die interkulturelle Bildung in Kitas zu verbessern: durch Sprachförderung, interkulturelle Pädagogik, Elternarbeit sowie die Vernetzung im Stadtteil. Da das Land Hessen diese Initiative finanziell unterstützt, wird auch Ministerpräsident Roland Koch bei dem Besuch dabei sein.

!(kasten)2008/09/seite11_oben.jpg(Die fünfjährige Malak – links – und die sechsjährige Anna Maria zeigen Christel Mawila, wie schön sie malen können. In der Kindertagesstätte der Friedensgemeinde bekommen die Kleinen mit dem Projekt „Frühstart“ bei Bedarf eine spezielle Sprachförderung. Jetzt will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel hier über das Projekt informieren. | Foto: Rolf Oeser)!

In der Friedens-Kita hat man gute Erfahrungen mit dem Projekt gemacht. Interkulturelle Arbeit ist dringend nötig: Die sechzig Kinder, die hier betreut werden, stammen aus 18 verschiedenen Nationen. Über zwei Drittel von ihnen haben das, was heutzutage „Migrationshintergrund“ heißt, also mindestens einen nichtdeutschen Elternteil. Für die Kita-Leiterin Christel Mawila hat Sprachförderung aber nicht nur etwas mit der Herkunft zu tun. „Wir nehmen alle in das Projekt auf, die es nötig haben. Auch viele deutsche Kinder haben einen hohen Sprachförderbedarf.“

Ohnehin ist die Einordnung der Kulturen nicht so einfach am Pass abzulesen. „Eigentlich hat jede Familie ihre eigene Kultur“, sagt Mawila. „Die einen stehen zum Beispiel morgens um sechs auf, die anderen sind Langschläfer.“ In der Kita wird Rücksicht auf die verschiedenen Familienkulturen genommen: „Im Fokus der Pädagogik steht nicht mehr nur das Kind, sondern die ganze Familie.“

Gerne erzählt Christel Mawila die Geschichte, wie sie selbst einmal fast auf ihre eigenen Vorurteile hereingefallen wäre: Ein marokkanischer Vater erklärte kategorisch, seine Tochter dürfe nicht mit zur Abschlussfreizeit auf einen Bauernhof. Fürchtete er, sie würde Schweinefleisch essen? Oder sorgte er sich gar um die „Ehre“ der Fünfjährigen? „Erst nach langem Nachfragen fanden wir heraus, dass er den Teilnahmebeitrag von 75 Euro nicht bezahlen konnte, das aber nicht besprechen wollte“, erzählt Mawila. „Die Gemeinde gab dann einen Zuschuss, und das Mädchen war das glücklichste der Welt.“

Die evangelische Kirche betreibt in Frankfurt achtzig Kindertagesstätten mit insgesamt 5000 Plätzen, dazu noch acht Krabbelstuben für die Unter-Dreijährigen. „Manche dieser Einrichtungen sind schon über hundert Jahre alt“, sagt Pfarrer Michael Frase, der Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt. Die Förderung und Bildung von Kindern gerade auch in der frühkindlichen Phase sei schon immer ein Anliegen des Protestantismus.

Und jedes veränderte Familienbild – wie heute die zunehmende Berufstätigkeit beider Eltern –wirkt sich unmittelbar auf die Arbeit der Kindertagesstätten aus. In der Friedensgemeinde zum Beispiel ist es inzwischen ziemlich eng geworden. „Früher sind fast alle Kinder mittags abgeholt worden, jetzt bleiben praktisch alle den ganzen Tag über hier“, erzählt Christel Mawila. Beim Mittagsschlaf weichen die Kleinen sogar in die Sakristei aus: die Bettchen können bei Bedarf gestapelt werden. „Zum Glück macht unserem Pfarrer das nichts aus, nur wenn wir Gastprediger haben, müssen wir die Sakristei freiräumen.“

Immerhin ist schon Abhilfe in Sicht: Ende 2009 beginnt, wenn alles gut geht, der Umbau des Gebäudes, und dann wird der Kindergarten zwei zusätzliche Etagen haben. Doch wenn die Bundeskanzlerin kommt mit all den Fotografen, Sicherheitsleuten und wer alles sonst noch im Schlepptau ist – da wird es in der Kita an der Frankenallee wohl ganz schön eng.

p(autor). Antje Schrupp

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. September 2008 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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