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Aktuell

1. September 2008

Heiraten – ruhig auch ohne Staat

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Der sang- und klanglos gefasste Beschluss des Parlaments, kirchliche Eheschließungen nicht mehr an die vorherige standesamtliche Trauung zu koppeln, ist ein Symptom für den Bedeutungsverlust der Religionen. Zwar wird schon seit über 130 Jahren in Deutschland rechtsverbindlich nur vor dem Standesamt geheiratet. Aber bislang galt die kirchliche Trauung doch als so wichtig, dass hier keine Unklarheiten aufkommen durften.

Inzwischen scheint es niemanden mehr zu interessieren, welche Riten und Feiern sich in den Kirchen so abspielen – aus Sicht der Politik ist das reine Folklore. Es erscheint deshalb ein wenig befremdlich, dass die evangelische Kirche sich ihrerseits stehenden Fußes dazu bekannte, dem Staat auch weiterhin die oberste Autorität in Sachen Eheschließung zuzusprechen. Geradezu albern war etwa die von einigen Kirchenvertretern verkündete Empörung, es sei dem Staat nicht erlaubt, in geltendes Kirchenrecht einzugreifen. Als ob der Staat daran irgendein Interesse hätte.

Sicher: In der kirchlichen Lebensordnung ist festgehalten, dass kirchlich nur Ehen geschlossen werden dürfen, wenn der Schein vom Standesamt vorliegt. Aber das muss ja nicht für immer und ewig so bleiben. Die älteren Menschen, die den Verlust ihrer Witwenrente fürchten, sind ja vielleicht nicht die einzigen, die sich zwar Gottes Segen für ihre Beziehung wünschen, aber nicht im juristischen Sinne verheiratet sein wollen. Kritik an einer staatlich überwachten und reglementierten Ehe als „Keimzelle“ ordnungspolitischer Strukturen hat es schließlich schon immer gegeben, auch wenn das Thema zurzeit etwas aus der Mode gekommen ist. Zum Glück zementiert die bürgerliche Ehe heute ja auch nicht mehr – wie noch bis vor sehr kurzer Zeit – die Unterordnung der Frauen unter die Männer, um nur ein Beispiel zu nennen. Dafür wird sie aber mehr und mehr zu einer nüchternen finanzpolitischen Kalkulation, was mit rührselig romantisierenden, aber ziemlich inhaltsleeren „Hochzeitsevents“ meistens nur notdürftig übertüncht wird.

Könnte es da nicht reizvoll sein, sich wieder genauere Gedanken über die spirituelle Dimension einer religiösen Trauung zu machen? Zu verdeutlichen, worin sie sich von einem juristischen Vertragsabschluss gerade unterscheidet? Was das für die christliche Ehepraxis genau bedeuten könnte, muss natürlich sorgfältig durchdacht und diskutiert werden. Es gibt aber überhaupt keinen Grund, dass die Kirche sich dabei als bloßes Anhängsel staatlicher Regelungen inszeniert.

p(autor). Antje Schrupp

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. September 2008 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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