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Aktuell

1. Oktober 2008

Kirche gehört ins Fernsehen

p(einleitung). Christliche Inhalte unterhaltsam ins Fernsehen zu bringen, gehört nicht gerade zu den Stärken der Kirche. Vor allem die evangelische Kirche setzt eher auf das Wort als auf Bilder. Aber sie sollte sich trotzdem auf den Bildschirm wagen, wenn sie die Chance dazu hat.

!(rechts)2008/10/seite07_rechts.jpg(Ulrike Trautwein ist Pfarrerin in Bockenheim. | Foto: Ilona Surrey)!

Das Fernsehen hat der Kirche die Show gestohlen. Früher waren die Kirchen das entscheidende „Medium“ für die Menschen: Sie waren der Ort, wo man Neuigkeiten erfuhr, unterhalten und getröstet wurde, je nachdem. Die Gottesdienste mit ihren vielfältigen Ritualen gaben dem Alltag einen Rahmen und den Menschen einen Halt.

Diese Aufgabe hat seit vielen Jahrzehnten das Fernsehen übernommen. So hat fast jeder Mensch seine festen Einschaltrituale, sei es, dass der Fernsehabend mit der Tagesschau beginnt oder schon vorher mit einer der vielen Soaps oder Reality-Shows. Ich persönlich gehöre zum Beispiel zu denen, für die der Tatort ein fester Bestandteil des Sonntagabends ist.

Kein Wunder also, dass die evangelische Kirche nie warm geworden ist mit diesem Medium und sich dort nur wenige feste Plätze sichern konnte. Zu allem Überfluss wird im Fernsehen an allen möglichen und unmöglichen Stellen mit religiösen Symbolen gearbeitet. Vor allem in der Werbung werden viele der zentralen christlichen Inhalte manchmal auf witzige, leider aber häufig auf ziemlich blöde Art verdreht und missbraucht.

Die gegenseitigen Berührungsängste von Kirche und Fernsehen haben zusätzlich auch viel damit zu tun, dass es gar nicht so leicht ist, mit christlichen Inhalten im Fernsehen gut „rüber“ zu kommen. Gerade die evangelische Kirche ist ja eher eine des Wortes als des Bildes. Der Fernsehjournalist Gerd Scobel hat bei einem Vortrag mal gesagt: „Das Radio ist evangelisch und das Fernsehen katholisch.“ Und da hat er recht. Den Katholiken fällt es viel leichter als den Evangelischen, bunte Bilder zu produzieren – schon durch ihre Gewänder und ihre gottesdienstlichen Bräuche.

!(rechts)2008/10/seite07_unten.jpg(Was dieser Mann wohl gerade guckt? Für viele Menschen ist das Fernsehen ein festes Ritual, das dem Alltag einen Rahmen gibt. | Foto: soschoenbistdu/Fotalia.com)!

Wir Evangelischen setzen viel mehr auf die Sprache und dann eben auch auf differenzierte Inhalte, die den Menschen einiges abverlangen und nicht so leicht in Einklang zu bringen sind mit der locker-flockigen, witzigen und bunten Fernsehunterhaltungswelt. Und wenn jemand dann mal als Pfarrerin oder Pfarrer im Fernsehen vorkommt, haben wir schnell Angst, das sei nicht seriös genug und zu oberflächlich.

Ich selbst habe in den vergangenen zwei Jahren im hessischen Fernsehen bei einer Sendung mitgemacht, in der es meistens um seelsorgerliche Fragen ging. Es hat eine ganze Zeit gebraucht, bis ich mich nicht mehr dauernd gefragt habe: Geht denn so was im Fernsehen? Ist das wirklich ein seriöses Medium dafür? Inzwischen habe ich genug Erfahrungen gesammelt, um zu wissen: Ja, es geht, und es ist auch wichtig, dass Vertreterinnen und Vertreter der Kirche im Fernsehen in verschiedenen Bereichen präsent sind, nicht nur beim Wort zum Sonntag.

Im Moment planen wir in der Jakobskirche einen Fernsehgottesdienst für das Pfingstfest im kommenden Frühjahr. Das ist schwer, weil alles, was im Kirchenraum lebendig wirkt, auf dem Bildschirm noch lange nicht interessant genug ist, um die Zuschauerinnen und Zuschauer dabei zu halten. Es braucht eindrückliche Bilder, immer neue Einstellungen und viel Abwechslung. Dann aber sind Gottesdienste auch im Fernsehen ein großer Erfolg und haben eine hohe Einschaltquote, so wie seit Jahren im ZDF.

Sich der Aufgabe zu stellen, ernsthaft und trotzdem „anschaubar“ zu sein, ist eine große Herausforderung, die Vertreterinnen und Vertreter der Kirche annehmen sollten, überall da, wo sie die Möglichkeit dazu bekommen. Mir jedenfalls liegt etwas daran, das Fernsehen etwas „evangelischer“ zu machen.

Die katholische Kirche plant zur Zeit einen eigenen digitalen Fernsehkanal. Die evangelische Kirche dagegen setzt auf ein Multimedia-Portal im Internet, weil sie glaubt, dass das Fernsehen nicht mehr das Leitmedium der kommenden Generationen sein wird. Umso besser, wenn die Evangelischen nun im Internet rechtzeitig einen guten Platz finden.

p(autor). Ulrike Trautwein

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Oktober 2008 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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