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Aktuell

1. Dezember 2008

Die Sache mit der Liebe

p(einleitung). Rasender Puls, Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit – auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Krankheit. Wen es erwischt, der hält sich jedoch für den glücklichsten Menschen auf Erden: Verliebtsein lässt sich zwar wissenschaftlich erklären, bleibt aber ein Mysterium.

Merkwürdige Empfindungen in der Magengegend, oft beschrieben als ein Gefühl von „Schmetterlingen“ oder „Flugzeugen“ im Bauch, chronisches Grinsen im Gesicht, nervöses Kichern und eine verzehrende Sehnsucht nach ihr oder ihm; auch rosarote Brillen und ein leicht verklärter Blick sind häufig anzutreffen. Die Betroffenen erscheinen in ihrer Wahrnehmung drastisch eingeschränkt und erwähnen unübersehbar häufig einen bestimmten Namen. Die Symptome können in unterschiedlicher Stärke ausgeprägt sein, die Diagnose fällt dennoch leicht: akutes Verliebtsein.

!(kasten)2008/12/seite05_unten.jpg(Wenn Menschen verliebt sind, sieht man ihnen das oft schon an der Nasenspitze an. Sogar eine veränderte Hormonzusammensetzung im Körper lässt sich dann wissenschaftlich nachweisen. Leider geht dieser schöne Zustand unweigerlich auch wieder vorbei. Dann stellt sich die Frage: Ist es Liebe geworden? Oder war es das jetzt? | Foto: soeschoenbistdu / Fotolia.com)!

Wer noch nie selbst verliebt war, dem mag es vielleicht wirklich als eine Art Krankheit erscheinen. Wer dieses Gefühl jedoch schon einmal verspürt hat, dem gilt es als der Inbegriff des Glücks. Es beginnt meistens ganz harmlos: Wir lernen jemanden kennen, vielleicht einen bis dahin völlig Unbekannten, vielleicht gehört er oder sie auch schon länger zu unserem Freundeskreis, und wir sehen diesen Menschen nur plötzlich mit anderen Augen. Wir finden ihn oder sie interessant, körperlich oder geistig anziehend, häufig sogar beides gleichzeitig. In Gegenwart dieser Person fühlen wir uns glücklich und möchten gerne wieder Kontakt mit ihr haben.

„Das ist mehr als nur ein schöner Moment“ – einige wissen das sofort, andere haben einen längeren Weg, bis sich dieser Gedanke im Kopf festsetzt: „Ich bin verliebt“. Ein Verlangen entsteht, wir möchten diesen Menschen so oft wie möglich um uns haben, am liebsten gar nicht mehr getrennt sein. Für ihr Umfeld sind frisch Verliebte ein Mysterium. Wie sie sich stundenlang in die Augen schauen, seufzen und begehren, die Telefonrechnung in die Höhe treiben, weil das Auflegen so schwer fällt, Tag und Nacht zusammensein wollen und sich überhaupt wie Abhängige verhalten, süchtig nach einander sind!

Der Wissenschaft ist es seit langem ein Bedürfnis, diesem Geheimnis der Menschheit auf den Grund zu gehen. Was geschieht im Körper, wenn wir verliebt sind? Die Ergebnisse sind interessant, denn das Verliebtsein spielt sich tatsächlich auch auf der körperlichen Ebene ab. Frisch Verliebte weisen eine charakteristische Zusammensetzung verschiedener Hormone und Botenstoffe im Blut auf, so zum Beispiel einen hohen Dopamin-Spiegel. Dopamin wird auch „Belohnungs-Botenstoff“ genannt, darum fühlt sich Verliebtsein so gut an.

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass das sagenumwobene „Glückshormon“ Serotonin nicht, wie vielleicht zu erwarten wäre, vermehrt zu finden ist, sondern sogar einen eher niedrigen Pegel aufweist. Das ist sonst zum Beispiel bei Menschen der Fall, die unter Zwangsneurosen leiden. Das untermauert in gewisser Weise, was man den Turteltäubchen ohnehin unterstellt, dass nämlich ihr gesamtes Denken „zwanghaft“ auf eine einzelne Person gerichtet ist. Für diese vorübergehende „Unzurechnungsfähigkeit“ hat man ebenfalls Hinweise im Blut von Verliebten gefunden.

Wissenschaftlich lässt sich auch erklären, warum die so typische Euphorie des Verliebtseins nicht auf ewig bleibt. Einige dieser Stoffe sind nämlich nur ungefähr ein Jahr auffallend hoch konzentriert und sinken dann langsam wieder auf ein normales Niveau ab. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem sich auch die Gefühle füreinander wieder verändern.

Nicht jedes Paar sieht dem gelassen entgegen. Zuweilen muss man dann nämlich feststellen, dass mit dem Verschwinden der Verliebtheit nicht mehr viel übrig geblieben ist, das verbindet. Im schlechten Fall muss man sich nun trennen, was auch, wenn es in beidseitigem Einverständnis geschieht, ein schmerzhafter Prozess ist. Schließlich hat man sich doch irgendwie schon aneinander gewöhnt. Im besten Fall hat sich – gewissermaßen angespornt durch die Euphorie der anfänglichen Verliebtheit – im Laufe der Zeit bereits etwas anderes entwickelt: Liebe. Eine feste und glückliche Bindung, der dann auch der Alltag nichts mehr anhaben kann, die im Gegenteil mit der Zeit nur stärker und besser wird.

Obwohl schlaue Köpfe sich schon seit Menschengedenken selbige auf der Suche nach einer Definition von Liebe zerbrechen, hat bis heute noch niemand ein Rezept für glückliche Liebe gefunden. Und Otto Normalverliebt fragt sich zu Recht, ob man die Liebe überhaupt erklären können muss, oder ob sie nicht gerade deshalb so schön ist, weil sie sich nicht in Worte fassen lässt.

Einigkeit herrscht lediglich darüber, dass die Liebe offensichtlich viele Erscheinungsformen haben kann, und dass dabei die unterschiedlichsten Ursachen in Betracht zu ziehen sind. Auch kann die Liebe nicht in einen Käfig gesperrt werden in der Hoffnung, sie auf diese Weise für immer festhalten zu können. Sie macht sich noch durch die engsten Gitterstäbe davon.

Am liebsten und längsten hält sie sich dort auf, wo sie kommen und gehen kann, wie es ihr gefällt. Das hat der Philosoph Søren Kierkegaard auf den Punkt gebracht, der schrieb: „Was liebt die Liebe? Unendlichkeit. Was fürchtet die Liebe? Eine Grenze.”

p(autor). Sara Wagner

h3. Traumpaar aus dem Orient

!(rechts)2008/12/seite05_oben.jpg(Foto: Rolf Oeser)!

Sie sind so eine Art orientalische Version von „Romeo und Julia“: Zwei unglücklich Verliebte, die von ihren Familien getrennt werden, aber doch nicht zu lieben aufhören können. Die Geschichte von „Leyla und Medschnun“, ein arabisches Volksmärchen, das vor allem durch den persischen Dichter Nizami bekannt wurde, hat das Theater Peripherie unter der Regie von Alexander Brill in der Jugendkulturkirche Sankt Peter auf die Bühne gebracht. Mit sichtlichem Spaß und erstaunlicher Professionalität erwecken die Laienschauspieler die
Geschichte zum Leben. Besonders fulminant ist der 26 Jahre alte Hadi Khanjanpour (rechts) in der Rolle des verzweifelten Liebenden. Weitere Aufführungen am 11. und 13. Dezember, jeweils um 19.30 Uhr.

h3. Rat und Tat in Liebesdingen

Für Paare, die aus dem Stadium der akuten Verliebheit bereits hinausgewachsen sind und vielleicht schon vor dem ein oder anderen Konflikt stehen, bietet das Evangelische Zentrum für Beratung und Therapie in Eschersheim eine Reihe von Gruppen und Work­ shops an – zum Beispiel am 5. und 6. Dezember zum Thema „Was Paare zusammenhält“. Infos unter Telefon 5302222. Das Programm der Evangelischen Familienbildung ist unter Telefon 60500411 erhältlich.

p(autor). Antje Schrupp

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Dezember 2008 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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