Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

1. Februar 2009

Leben erhalten und fördern

p(einleitung). Zur Aktualität des „Urwaldtheologen“ Albert Schweitzer

Klimawandel, Finanzkrise, Globalisierung – angesichts der riesigen Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft heute steht, sei die Ethik des evangelischen Theologen, Philosophen und Arztes Albert Schweitzer (1875-1965) ungebrochen aktuell. Dies machte Gottfried Schüz, Vorsitzender der Frankfurter Stiftung „Deutsches Albert-Schweitzer-Zentrum“ im Rahmen einer Vortragsreihe deutlich, die sich mit der gegenwärtigen Brisanz von Schweitzers Denken beschäftigte.

!(rechts)2009/02/seite09_oben.jpg!

Der Wohlstand der hochzivilisierten Gesellschaft habe nicht nur zur Zerstörung der Natur geführt, sondern auch zur Verarmung unterentwickelter Länder, so Schüz: „Wir sitzen global betrachtet alle in einem Boot.“ In solcher Weltlage könne nur eine Ethik weiterhelfen, die deutlich macht, dass die Verantwortung des menschlichen Handelns nicht auf die eigene Kultur, die eigenen Interessen, die eigene Zeit beschränkt sei, sondern „grenzenlos“, also auf alles Leben Rücksicht zu nehmen habe.

Schweitzer hatte, so Schüz, 1896 als Student vor sich selbst ein Gelübde abgelegt: Bis zum Alter von dreißig Jahren wollte er sich der Wissenschaft und der Kunst widmen, danach unmittelbar dem Menschlichen dienen. Doch dort, wo die Menschen Hilfe besonders nötig hatten, in Afrika, wurden nicht Prediger gebraucht, sondern Ärzte. Also nahm Schweitzer nach Theologie und Philosophie ein weiteres Studium auf: Medizin.

Ab 1913 baute er in Lambarene in Zentralafrika sein berühmtes Urwaldhospital auf. Während einer Fahrt auf dem Ogowe-Fluß formulierte er jene allgemein gültige Grundannahme, die seine Ethik berühmt gemacht hat: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Aus dieser universellen „Ehrfurcht vor dem Leben“ resultierte für Schweitzer folgende Handlungsmaxime: „Als gut gilt: Leben erhalten, fördern und entwickelbares Leben auf seinen höchsten Wert bringen. Als böse: Leben vernichten, schädigen und entwickelbares Leben niederhalten.“

Schweitzer sei keineswegs naiv gewesen, unterstrich Schüz: Er habe durchaus gesehen, dass der Mensch trotz allen guten Willens nicht umhin könne, Leben zu vernichten. Bereits bei jedem Waldspaziergang zertrete man kleine Insekten. Es kann notwendig sein, Leben zu töten, um anderes Leben zu erhalten, doch immer wenn wir so auf Kosten anderer leben, werden wir schuldig. Gerade deshalb, so Schweitzers Überzeugung, trage jeder Mensch eine ungeheure Verantwortung: In jedem Einzelfall müsse bewusst entschieden werden, ob die Schädigung eines Lebens unbedingt nötig sei. Schweitzer illustrierte das mit folgendem Beispiel: „Der Landmann, der auf seiner Wiese tausend Blumen zur Nahrung seiner Kühe hingemäht hat, soll sich hüten, auf dem Heimweg in geistlosem Zeitvertreib eine Blume am Rande der Landstraße zu köpfen, denn damit vergeht er sich an Leben, ohne unter der Gewalt der Notwendigkeit zu stehen.“

Die Reihe wird fortgesetzt. Am Donnerstag, 19. März, geht es unter dem Titel „Das Recht, ein Ketzer zu sein“ um Schweitzer als liberalen Theologen. Beginn ist um 19.30 Uhr in der Wolfsgangstraße 109. Mehr Informationen unter „www.albert-schweitzer-zentrum.de“:http://www.albert-schweitzer-zentrum.de.

p(autor). Stephanie von Selchow

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Februar 2009 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+