Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 1. April 2009

Immer mit guten Argumenten

Für Gisela Brackert ist der Ruhestand mehr als Enkelhüten

In einem Radiobeitrag hat Gisela Brackert von ihrem Onkel Wolfgang erzählt: Ein streng lutherischer Pfarrer war das, für den in den 1950er Jahren Frauen im Pfarramt noch die blanke Gotteslästerung bedeuteten. Sie sei stolz, beendet die Autorin den Beitrag, dass Pfarrerinnen, Pröpstinnen und Bischöfinnen heute selbstverständlich sind.

Foto: Rolf Oeser

Zu dieser Entwicklung hat sie selbst gehörig beigetragen: 16 Jahre lang, von 1981 bis 1997, leitete Gisela Brackert das Frauenprogramm im Hörfunk des Hessischen Rundfunks und stärkte so das Selbstbewusstsein von Frauen. „Sie war streitbar, unerschrocken und konnte kämpfen wie ein Löwe“, attestiert ihr die Kollegin und Weggefährtin Ulrike Holler. „Sie konnte so gut argumentieren, dass man kaum dagegen ankam.“

Wohl auch deshalb wurde die engagierte Frauenfunkerin 1991 als Vertreterin der Medien in die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau berufen – zu ihrer eigenen Überraschung, wie sie sagt. Brackert gehörte dem hessischen Kirchenparlament von 1992 bis 2004 an. Sie warb dort immer wieder für professionelle Öffentlichkeitsarbeit und verteidigte die damals neue Mitgliederzeitschrift „Echt“. Aber vor allem setzte Brackert sich für die Evangelische Akademie Arnoldshain ein, die als „Versuchsküche der Zivilgesellschaft“, wie sie sagt, auch in Zeiten des Sparens unbedingt erhalten werden müsse. Seit mehr als zwanzig Jahren engagiert sie sich im Vorstand der Akademie.

Von 1998 bis 2008 gehörte Gisela Brackert außerdem zu den sieben Delegierten, die Hessen-Nassau in der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vertreten. Auch hier setzte sich die Journalistin immer dafür ein, dass der Protestantismus sich mit klaren Positionen auch zu politischen Themen zu Wort meldet. Sie arbeitete an den großen evangelischen Standortbestimmungen mit, die in dieser Zeit formuliert wurden – über die Zukunft der Diakonie und die Zusammenarbeit der Kirchen in Europa bis zu kirchlichen Positionen zur Wirtschaftsentwicklung.

In der nächsten Legislaturperiode ist Brackert nicht mehr Mitglied der Synode. Aber „Zusprüche“, also Radiobeiträge für eine kirchliche Sendereihe, die werktags um 6.45 Uhr auf hr2 gesendet wird, schreibt die resolute 72-Jährige weiterhin mit großem Vergnügen. Am liebsten im Häuschen im Hintertaunus, in der Nähe von Wertheim. Im Garten stehen vier Apfelbäume, das Staudenbeet blüht fast ganzjährig. Umgeben von Natur kommen ihr die besten Ideen für die morgendlichen Denkanstöße, in denen sie anhand ihres eigenen Lebens versucht, von „Gott in der Welt“ zu erzählen. Die lebhafte Resonanz belegt, dass ihr das gut gelingt. 88 ihrer Zusprüche hat sie unter dem Titel „Gott ist eine Frau und sie wird älter“ als Buch veröffentlicht.

Gisela Brackert lebt gerne im „Land-Stadt-Spagat“, wie sie sagt. Ihre kleine Stadtwohnung in Bockenheim ist mit Bücherregalen, Zeitungsstapeln und Zeichnungen an den Wänden gut gefüllt. Auf dem Tisch liegen wichtige literarische Neuerscheinungen, an der Wand hängt ein Kalender mit Fotos von den beiden Enkelkindern. „Ich bin nicht gerade eine Großmutter, deren Lebensinhalt das Enkelhüten ist“, sagt sie lachend. Wenn Gisela Brackert nicht liest oder fürs Radio arbeitet, moderiert sie Podiumsdiskussionen, hält als Prädikantin gelegentlich auch selbst Gottesdienst, oder erholt sich von der Arbeit mit dem Wort gern beim freien Zeichnen. „Ich habe immer mehr als genug zu tun.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. April 2009 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".