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Aktuell

1. April 2009

Plakate alleine reichen nicht

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„Evangelisch!” – ob diese Botschaft so selbsterklärend ist, wie Werbung es verlangt, mag dahingestellt sein. Sachlich berechtigt ist der Slogan, mit dem derzeit für die Kirchenvorstandswahl am 21. Juni geworben wird, allemal. Denn „Evangelisch!” steht für selbst gestalten, selbst entscheiden, selbst die Richtung bestimmen.

Und das beginnt an der Basis, in den Gemeinden. Die Kirchenvorstände tragen in jeder Hinsicht die Verantwortung, auch für Personal, Gebäude und Grundstücke sowie Finanzen. Sie wissen, was vor Ort ankommt, entwickeln Ideen, motivieren Mitarbeitende und probieren Neues aus. Ohne sie geht nichts. Sie bilden das Fundament der evangelischen Kirche, denn sie delegieren Mitglieder in die Dekanatssynoden, die wiederum die Zusammensetzung der Kirchensynode bestimmen, die dann den Kirchenpräsidenten und die Pröpste und Pröpstinnen wählt. „Evangelisch!” kennzeichnet also eine grunddemokratische Kirchenordnung im Gegensatz zu einer bischöflichen Kirchenhierarchie von oben nach unten.

Angesichts dieser Bedeutung der Kirchenvorstände ist eine Wahlbeteiligung von durchschnittlich 19 Prozent – in Frankfurt waren es bei den Wahlen 2003 sogar nur 11 Prozent – geradezu skandalös. Dass für eine höhere Wahlbeteiligung am 21. Juni geworben wird, verwundert also kaum. Dennoch muss auch Ursachenforschung betrieben werden. In der niedrigen Wahlbeteiligung spiegelt sich zwar wesentlich ein genereller Bedeutungsverlust der Kirche, es gibt aber auch „hausgemachte” Gründe dafür. Gerade in der Großstadt suchen viele Menschen gezielt religiöse Erfahrungen und Veranstaltungen, die sie eher in übergemeindlichen Einrichtungen finden. Hier ist eine stärkere Profilierung der kirchengemeindlichen Arbeit gefragt, eine deutlichere Programmatik. Die meisten Kirchenvorstände arbeiten still und effektiv, ohne jedoch in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Zudem lassen die vielen Verwaltungsangelegenheiten in den Sitzungen wenig Raum für konzeptionelle Perspektiven oder gar Visionen der Gemeindearbeit; entsprechend gering ist das Interesse an dieser Tätigkeit.

Allein Plakate für mehr Wahlbeteiligung reichen also nicht. Die Kirchenvorstände müssen Arbeitsstrukturen entwickeln, die es ihnen ermöglichen, ihre Richtungskompetenz auch öffentlichkeitswirksam wahrzunehmen. Das täte allen gut: den Gemeinden, weil sie belebt und geliftet würden, und den Kirchenvorstehern und Kirchenvorsteherinnen, weil sie außer der vielen Arbeit endlich auch mehr Anerkennung und Achtung erhielten.

p(autor). Wilfried Steller

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. April 2009 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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