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Aktuell

1. September 2009

Gebete brachten 53 Millionen

p(einleitung). Das deutsche Weltgebetstags-Komitee feierte in Frankfurt Jubiläum

Es waren Frauen, die im 19. Jahrhundert den Grundstein für die erste gemeinsame Initiative verschiedener christlicher Konfessionen legten: Bereits 1887, also zu einer Zeit, als in den von Männern dominierten Kirchenleitungen von Ökumene noch kaum die Rede war, gründeten sie den Weltgebetstag.

!(rechts)2009/09/seite05_oben.jpg(Nach dem Festakt in der Katharinenkirche trafen sich die Organisatorinnen des deutschen Weltgebetstags zum Feiern in der Paulsgemeinde. | Foto: Rolf Oeser)!

Was in den USA und in Kanada als überschaubare Initiative begann, entwickelte sich bald zu einer internationalen Bewegung. Heute wird der Weltgebetstag nach dem Motto „Informiert Beten – betend Handeln“ in 170 Ländern veranstaltet. Egal ob evangelisch, katholisch, orthodox – alle feiern nach derselben Liturgie, die jeweils von Frauen aus einem bestimmten Land erarbeitet wurde. So wird die Aufmerksamkeit auf dieses Land, auf seine Probleme und Reichtümer gelenkt. Das Geld, das durch Spenden und die Kollekten der oft gut besuchten Gottesdienste zusammenkommt, geht in soziale Projekte.

Das deutsche Weltgebetstags-Komitee feierte in diesem Jahr ein Doppeljubiläum: Seit sechzig Jahren wird dieser Tag auch hierzulande ökumenisch vorbereitet, und seit fünfzig Jahren werden von Deutschland aus Projekte in aller Welt unterstützt. Aus diesem Anlass kamen im Juli über 400 Frauen nach Frankfurt und ließen in der Katharinenkirche die vergangenen Jahrzehnte Revue passieren.

Cornelia Marschall, die Leiterin des deutschen Projektreferats, informierte über die entwicklungspolitische Arbeit. Seit 1975 (vorher wurde noch keine Statistik geführt) habe das nationale Komitee insgesamt rund 53 Millionen Euro zusammengetragen, mit denen in über 150 Ländern rund 5600 Projekte realisiert worden seien. „Ein Riesenbatzen Geld ist das“, sagte Marschall, der Frauen in armen Regionen der Erde nachhaltige Zukunftsperspektiven ermöglicht habe. Die gesammelten Gelder seien oft der „entscheidende Tropfen“ für eine sinnvolle Initiative. Sie kämen zu hundert Prozent Frauen zu Gute, während die von der offiziellen Entwicklungspolitik investierten fast ausschließlich in männliche Hände flössen. Gefördert würden Projekte, die die „Verhandlungs- und Gestaltungsmacht von Frauen stärken, Eigeninitativen fördern sowie ihre Lebensbedingungen verbessern“.

Vorwiegend gehe es um Bildung, Rechtshilfe, Beratung, Gesundheit und Ökologie. Im vergangenen Jahrzehnt hätten existenzsichernde Maßnahmen sowie Projekte gegen Gewalt gegen Frauen den Schwerpunkt gebildet, so Marschall. So wurden etwa in den ehemaligen Kriegsregionen Osteuropas Friedens- und Konfliktarbeitsprojekte initiiert, und in Kamerun bauten Frauen, die durch den Tod ihres Ehemannes aus ihren Clans ausgestoßen wurden, eine eigene Palmölproduktion auf.

Während Frauen in Afrika, Asien oder Südamerika oft erst einmal um ihre Rechte kämpfen müssten, sei in Deutschland eine reine Frauenförderung nicht mehr sinnvoll, so Marschall. Bei Themen wie Aids oder häuslicher Gewalt müssten „die Männer mit ins Boot“ geholt werden.

p(autor). Doris Stickler

h3. Weltgebetstag in Zahlen

Der Weltgebetstag wird jedes Jahr am ersten Freitag im März auf allen fünf Kontinenten
gefeiert. Die Liturgie für den Gottesdienst erarbeiten jeweils Frauen aus einem bestimmten Land: 2009 aus Papua-Neuguinea, 2010 aus Kamerun und 2011 aus Chile. Auf diese Weise stehen die Lebensverhältnisse dieses Landes weltweit im Fokus, und solidarisches Handeln wird ermöglicht. Das Deutsche Weltgebetstags-Komitee hat im vergangenen Jahr gut 1,3 Millionen Euro für 70 Projekte in 37 Ländern bewilligt. Derzeit besteht es aus zwölf kirchlichen Frauenverbänden und -organisationen, die neun verschiedenen Konfessionen angehören. Weitere Informationen unter www.weltgebetstag.de.

p(autor). Doris Stickler

h3. Weibliche Vorbilder auch im Buddhismus

Auch der Buddhismus habe, wie alle großen Weltreligionen, viele patriarchale Züge, die vor allem mit der Herabsetzung des weiblichen Körpers und weiblicher Fähigkeiten einhergehen: Bei ihrem Vortrag zum Thema „Der Buddhismus der Frauen“ im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum wies die buddhistische Meditationslehrerin Agnes Pollner auch auf die problematischen Seiten ihrer Religion hin. In der buddhistischen Überlieferung fänden sich aber durchaus auch Vorbilder für einen weiblichen Weg, zum Beispiel in tibetischen Nonnenklöstern.

Auf Nachfragen habe Buddha selbst zugegeben, dass Frauen fähig seien, „zu erwachen“, also in den nach buddhistischer Vorstellung höchsten geistigen Zustand zu gelangen, so Pollner. Ein berühmter tibetischer Meister des 8. Jahrhunderts habe sogar gesagt, wenn Frauen stark motiviert seien, wäre ihr Potenzial dazu größer als bei Männern.

Leider seien solche Überlieferungen im Laufe der Zeit immer wieder verloren gegangen. Agnes Pollner hat sich daher auf die Suche nach Ahninnen, Lehrerinnen und weiblichen Vorbildern im Buddhismus gemacht, die weder im Osten noch im Westen sehr bekannt sind. In ihrem kürzlich erschienenen Buch „Die weibliche Seite des Buddha“ erzählt sie Geschichten von Frauen aus verschiedenen buddhistischen Traditionen. Pollner gehört dem Netzwerk „Tara Libre“ an, das vor Jahren um die buddhistische Lehrerin Sylvia Wetzel entstanden ist und in Deutschland buddhistische Meditation mit frauenfreundlichem Ansatz anbietet. Auch viele tibetische Lamas seien heute interessiert am spirituellem Weg gerade westlicher Frauen, berichtete Pollner. Asiatische Nonnen hätten vom Selbstbewusstsein westlicher Frauen gelernt und forderten mehr Bildung, worin sie von vielen Meistern auch unterstützt würden. Und der Dalai Lama habe gesagt, wenn es nach seinem Tod eine neue Inkarnation geben sollte, wäre es vielleicht eine Frau.

Inspiriert sei das Frauen-Netzwerk von Buddha Tara, einer Manifestation des Göttlichen in weiblicher Gestalt, wie Pollner erläuterte. Der Legende nach war sie ursprünglich eine Prinzessin und habe gelobt, in einem weiblichen Körper zu „erwachen“. Eigenschaften und Fähigkeiten wie kluges Handeln, Mut, Schnelligkeit, Fülle, Schenken von Furchtlosigkeit, Erfüllung aller Wünsche und Mutterweisheit würden ihr zugesprochen: „Eine freie Frau, die man verehren kann“, ist Pollner überzeugt, „und meine Verbindung zum Göttlichen“.

p(autor). Stephanie von Selchow

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. September 2009 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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