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29. November 2009

Feministisch Klartext reden

p(einleitung). Für Veronika Schöppner muss der Glaube alltagstauglich sein

Vierzig Jahre lang, erzählt Veronika Schöppner, war sie „richtig gerne“ Lehrerin. „Bis zur letzten Stunde hat mir das Unterrichten Spaß gemacht.“ Gerade auch mit den türkischen Eltern an der Grunelius-Grundschule in Oberrad habe sie gute Erfahrungen gemacht, weshalb sie auch die Debatten über eine angebliche Bildungsferne und Integrationsunwilligkeit von Familien mit „Migrationshintergrund“ nicht nachvollziehen kann.

!(rechts)2009/12/seite02_oben.jpg(Foto: Ilona Surrey)!

Fast scheint die 68-Jährige es zu bedauern, dass sie seit drei Jahren pensioniert ist. Dabei ist sie seither keineswegs untätig. Vor kurzem hat sie einen eineinhalbjährigen Fernstudiengang Feministische Theologie abgeschlossen. Die Kombination aus Eigenstudium anhand von umfangreichem Lehrmaterial, Regionaltreffen und Wochenendkursen mit Referentinnen war von den Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau angeboten worden, und Schöppner hat sich sofort angemeldet. „Besonders gefiel mir, etwas von feministischen Theologinnen aus anderen Ländern zu erfahren“, sagt sie. Vor allem die Ideen der US-Amerikanerin Carter Heyward und der Brasilianerin Ivone Gebara hätten sie beeindruckt. „Ihre Theologie ist sehr auf das Leben bezogen, es geht nicht um Spekulationen, sondern darum, dass wir mit Gott im Hier und Jetzt etwas anfangen können.“

Gelebt hat Veronika Schöppner schon immer nach dieser Haltung. Kurz nachdem sie 1968 mit ihrem Mann nach Frankfurt gezogen war, schloss sie sich der christlichen Frauenaktion Südafrika an, die mit Mahnwachen gegen das Apartheids-Regime protestierte. „Da waren tolle Frauen dabei“, schwärmt sie noch heute. Weil sie Ähnliches auch in der Kirche umsetzen wollte, wechselte sie in die Paulsgemeinde. „Mit den damaligen Pfarrern in Oberrad und mir wäre es nicht gut gegangen“, sagt sie. Inzwischen sei das zwar lange anders, aber nun will sie die Gemeinde nicht noch einmal wechseln.

Dabei hat sie es auch mit der Paulsgemeinde nicht nur leicht gehabt – und andersherum. Zwei Wahlperioden lang war Schöppner „mit großer Freude“ Mitglied im Kirchenvorstand. Als der damalige Ministerpräsidenten-Kandidat Roland Koch 1999 im Wahlkampf eine Debatte um doppelte Staatsbürgerschaft vom Zaun brach und dabei ausländerfeindliche Ressentiments bediente, schlug Schöppner vor, an der Alten Nikolaikirche am Römerberg ein Banner mit einem fremdenfreundlichen Bibelzitat anzubringen. „Der Vorschlag wurde abgelehnt, und dann ging man zur Tagesordnung über“, erzählt Schöppner. Diese Art kirchenpolitischer „Neutralität“ wollte sie nicht mitverantworten und legte ihr Amt nieder. Sie habe sich aber „nicht motzend zurückgezogen“, betont sie, sondern andere Betätigungsfelder gefunden. Sie machte eine Ausbildung zur Prädikantin und hält seither hin und wieder Gottesdienste.

Auf jeden Fall will sie auch ihre neuen theologischen Erkenntnisse in die Gemeindepraxis einbringen. „Ich finde, dass sich die Gemeinden heute viel zu wenig mit feministischer Theologie beschäftigen“, sagt Schöppner. Zwar gibt es regelmäßig spezielle Frauengottesdienste in der Alten Nikolaikirche. „Aber was die normalen Gottesdienste angeht, da habe ich fast den Eindruck, man war in den achtziger Jahren schon mal weiter.“

p(autor). Antje Schrupp

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 29. November 2009 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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