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Von – 1. Mai 2010

Alfred hat ein Ende…

Die lustigsten Verhörer in Kirchenliedern

Haben Sie schon mal vom ersten Korianderbrief gehört? Wenn ja, dann gehören Sie zu den Millionen Menschen, die an der Volkskrankheit des Verhörens leiden.

Lange war das Eingeständnis von meist in der Kindheit zugezogenen „Verhörern“ ein gesellschaftliches Tabu. Seit ein paar Jahren ist es gebrochen. Immer mehr Menschen geben sich als passionierte Verhörer zu erkennen – zum Beispiel auf den zahlreichen Internetseiten zum Thema. Oder auch bei Axel Hacke, der mit seinen Büchern vom „Weißen Neger Wumbaba“ aus dem Phänomen einen Kult gemacht hat.

Wer noch nicht infiziert ist, wird natürlich mit dem „Weißen Neger Wumbaba“ nichts anfangen können. Es sei also aufgelöst, dass es sich dabei um eine Zeile aus dem bekannten Abendlied von Matthias Claudius „Der Mond ist aufgegangen“ handelt. Dort heißt es in der vierten Strophe: „Der Wald steht schwarz und schweiget, / und aus den Wiesen steiget / der weiße Neger Wumbaba“. Nein, richtig ist natürlich: „der weiße Nebel wunderbar“.

Wenn ein Tabu erstmal gebrochen ist, muss sich auch die Kirche fragen, was sie dazu beizutragen hat. Allein mit dem Evangelischen Kirchengesangbuch eine ganze Menge. Das manchmal schwer verständliche Vokabular der Kirchenlieder hat maßgeblich zur epidemieartigen Ausbreitung der Volkskrankheit des Verhörens beigetragen.

Statt „Tochter Zion“ haben viele als Kind verstanden „Toter Ziehhund“ oder „Doktor Zion“. Im Weihnachtslied „Stille Nacht“ wird aus der Zeile „Holder Knabe im lockigen Haar“ ganz schnell „Holger, Knabe im lockigen Haar.“ Besonders beliebt ist auch Gottes Sohn namens „Owie“ – denn in Strophe drei wird gesungen „Stille Nacht, heilige Nacht! / Gottes Sohn, Owie lacht.“ Schön ist auch „O du fröhliche“, wo das menschliche Hirn mangels Verständnis gern die „gnadenbringende“ Weihnachtszeit umdichtet zu einer „knabenbringenden“.

Auch die Gesangbuchlieder für den Rest des Kirchenjahres haben in den Gehörgängen Furchtbares angerichtet. Nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ pflegt das Hirn bei Gehörtem eine Art Word-Rechtschreibprüfung vorzunehmen. Wenn es auf unbekannte Wörter stößt, dann sucht es im Wörterbuch danach, und wenn es nicht fündig wird, schlägt es Wörter vor, die so ähnlich sind und Sinn ergeben – oder auch nicht.

Je begrenzter der eigene Wortschatz, desto größer ist die Gefahr, sich mit der Krankheit zu infizieren. Wer weiß schon, was das Wort „Fehd“ in dem Lied „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ bedeutet? „All Fehd’ hat nun ein Ende“, das übersetzt das Hirn dann zum Beispiel mit „Alfred hat nun ein Ende“. Im Paul-Gerhardt-Lied „Nun ruhen alle Wälder“ wird aus den Versen „Will Satan mich verschlingen, / so lass die Englein singen: / Dies Kind soll unverletzet sein“ ganz schnell „Das Kind soll unser letztes sein“. Aus „Kyrie eleison“ wird dann schon mal „Kühe reden leise“, oder das sechste Gebot lautet: „Du sollst nicht erbrechen“.

Wer mehr zum Thema wissen will, kann auf der Internetseite www.wumbaba.com stöbern. Und: In dem eingangs erwähnten biblischen Buch geht es natürlich nicht um Koriander, sondern um Korinthen. Deshalb heißt der Brief des Paulus richtig auch „Korintherbrief“. Oder so ähnlich.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Mai 2010 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe .

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Ralf Bräuer ist Leiter der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt".