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Von – 1. Mai 2010

„Blick nach unten“

Crüsemann über Armut und Reichtum in der Bibel

Reichtum findet der Theologieprofessor Frank Crüsemann in der Bibel stets als „Verbindung aus göttlicher Gabe und menschlicher Arbeit“ definiert. Die Ökonomie der Neuzeit dagegen siedle die Quelle des Wohlstands allein im Tun des Menschen an. Crüsemann sprach in der evangelisch-reformierten Gemeinde im Westend über „Biblische Implikationen zum Thema Arbeit“.

Der in der Bibel sehr elementar verwendete Arbeitsbegriff werde seit der Neuzeit auf den bloßen Gelderwerb reduziert, kritisierte der emeritierte Alttestamentler und Mitherausgeber der Zeitschrift „Evangelische Theologie“. Damit seien all jene Aspekte in den Hintergrund gerückt, die Arbeit „zu einer von Gott gesegneten Tätigkeit“ machen.

Eines der wichtigsten Themen im Alten Testament sei die Befreiung von Zwangsarbeit. Die Mühsal sei deswegen aber nicht ausgesperrt. Adam und Evas Arbeit im Garten Eden werde noch als beglückende Betätigung beschrieben. Nach der Vertreibung aus dem Paradies jedoch habe das Sich-Abrackern eingesetzt. Diese beiden Aspekte sieht Crüsemann nach wie vor am Wirken: Was wir gerne tun und was uns ausfüllt, wird als paradiesisch erlebt, was lästig und beschwerlich erscheint, als Härte. Der Alttestamentler bescheinigt der Bibel einen durchgängigen „Blick nach unten“. Das Fünfte Buch Mose etwa dokumentiere „den ersten Versuch, soziale Gerechtigkeit einzuführen“. Es weise ausdrücklich an, keine Zinsen zu erheben, Bedürftigen alle sieben Jahre die Schulden zu erlassen und die Armen aus Steuermitteln zu versorgen.

Wer heute die eigene Existenz nicht durch Arbeiten bestreiten kann, werde sozial ausgeschlossen, kritisierte Crüsemann. „Absolut zynisch“ sei angesichts fehlender Arbeitsstellen Guido Westerwelles Polemik gegen Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind. Die Umwälzungen der gegenwärtigen Arbeitswelt seien ähnlich gravierend wie die der Industrialisierung, so Crüsemann. Damals, im 19. Jahrhundert, habe die Kirche zur Ausbeutung und Entrechtung der Arbeiter weitgehend geschwiegen. Er könne daher nur hoffen, dass sich „die Kirche nicht wieder auf die falsche Seite schlägt“.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Mai 2010 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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