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Von – 1. Mai 2010

Missbrauch: Wenn Erinnerungen hochkommen

Die Vielzahl von Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, aber auch in anderen Institutionen (einige auch in der evangelischen Kirche) haben selbst Profis erschreckt. „Wir wussten ja, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt“, sagt Brigitte Meckler, die Leiterin des Evangelischen Zentrums für Beratung und Therapie in Eschersheim. „Aber dass es so viele sind, fand ich schon erschreckend.“

Meckler ist für die evangelische Kirche in Hessen die Ansprechpartnerin für alle, die sexuelle Gewalterfahrungen oder Übergriffe erlitten haben und sich beraten lassen möchten. Oft geschieht die Straftat im Rahmen einer festen Gemeinschaft, der Gemeinde, der Schule, des Vereins, vor allem aber auch in der Familie oder im Freundeskreis. „Wer dann etwas sagt, fällt aus der Gemeinschaft raus“, so Meckler. „Viele haben deshalb solche Erlebnisse in sich verschlossen und verdrängt.“ Die Psychologin begrüßt es, dass jetzt öffentlich über das Thema diskutiert wird. „Dadurch sehen die Betroffenen, dass es vielen passiert ist, und dass sie sich nicht schämen müssen.“

Möglicherweise werden bei manchen, die solche Erlebnisse längst verdrängt haben, gerade durch die Debatte jetzt wieder Erinnerungen wach. Was ist dann zu tun? Eine Therapie? Mit Freunden bereden? Die Täter konfrontieren? Oder ist es besser, doch alles auf sich beruhen zu lassen – nach so vielen Jahren?

„Das kommt darauf an, wie zufrieden jemand mit dem eigenen Leben ist“, sagt Meckler. Wer die Übergriffe gut verarbeitet hat, sich selbst akzeptiert und nicht unter Schuldgefühlen leidet, muss auch keine Hilfe suchen. Wer allerdings leidet, womöglich Schwierigkeiten hat, eine erfüllte Sexualität zu leben und intime Beziehungen zu führen, sollte das Thema doch besser anpacken. Auch wenn man aufgrund der persönlichen Leidensgeschichte sehr um die eigenen Kinder besorgt ist, kann eine Beratung angesagt sein. Noch etwas kommt hinzu: „Die Kräfte, die es vielen Menschen erlauben, trotz traumatischer Erlebnisse ein erfülltes Leben zu führen, können in hohem Alter schwächer werden“, sagt Meckler. „Was man in mittleren Jahren gut wegstecken konnte, kann dann mit 80 oder 90 Jahren wieder durchkommen.“

Auch dann ist es für professionelle Hilfe nicht zu spät. Es muss ja nicht immer gleich eine Therapie sein: „Manchmal reichen auch zwei, drei Gespräche, und dann sieht man weiter.“ Bei Brigitte Meckler und ihrem Team aus psychologisch geschulten Fachkräften können kurzfristig Termine vereinbart werden: Telefon 069 5302222.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Mai 2010 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.