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Von – 1. Dezember 2010

Schönheit geht vor Mobilität

Morgenakademie bringt Missstände bei der Stadtplanung zur Sprache

Gehbehinderte Seniorinnen, Eltern mit kleinen Kindern, Menschen im Rollstuhl oder auf dem Rad – so verschieden diese Personenkreise auch sind, in Sachen Mobilität könnten sie sich verbünden. Der öffentliche Verkehr stellt sie nämlich alle vor dieselben Probleme: Mal sind es fehlende Aufzüge oder Rampen in U-Bahn-Stationen, mal ein nur schwer zu bewältigendes Kopfsteinpflaster, dann wieder ex­trem hohe Bordsteinkanten oder zugeparkte Wege.

Mit Hilfe des Rollators sind viele Menschen trotz Gehbeschwerden noch mobil. Weniger Treppen und Kopfsteinpflaster wären da schön. Foto: Rolf Oeser

Bei einer Morgenakademie über das Älterwerden, zu der die Evangelische Stadtakademie zusammen mit Kooperationspartnern eingeladen hatte, kamen derlei Missstände zuhauf aufs Tablett. Drei Tage lang hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, von persönlichen Erfahrungen zu berichten und Verbesserungsvorschläge einzubringen.

Dass in Frankfurt vieles im Argen liegt, war Ingmar Bolle, dem persönlichen Referenten von Verkehrsdezernent Lutz Sikorski, nicht neu. In seinem Vortrag führte er die Hürden vor Augen, mit denen sein Dezernat zu kämpfen hat. Allerdings finde man in Frankfurt trotz zahlreicher Mängel im Vergleich zu anderen Städten in Deutschland und der Welt „ein Paradies der Mobilität“ vor, so seine Einschätzung.

Zum Bedauern des Verkehrsexperten seien jedoch die Handlungsmöglichkeiten der Stadt beschränkt. Daran, dass täglich Massen von Pendlern in die Mainmetropole strömen, könne man nichts ändern. Viele Beschwerden wegen Mobilitätshindernissen, die an den Magistrat gerichtet werden, gälten eigentlich zudem anderen Adressaten, so Bolle. So sei für die Unzugänglichkeiten des Höchster Bahnhofs die Deutsche Bahn verantwortlich. Und Bundesgesetze müsse die Kommune anwenden, auch wenn sie mit ihnen nicht einverstanden sei.

Doch auch die verschiedenen Ressorts in der Stadtregierung ziehen nicht immer an einem Strang, gestand Bolle ein. Da würde schon mal „die Barrierefreiheit der Schönheit unterliegen“, wie bei dem am Roßmarkt und am Rathenauplatz neu verlegten Kopfsteinpflaster: „Ein Bodenbelag, den kein Straßenbauer freiwillig wählen würde“, kritisierte Bolle. In der Politik fehle es oft noch an Bewusstsein und Sensibilität für die Bedürfnisse älterer oder nicht so mobiler Menschen.

Mit dem Appell, Briefe und Mails an den Magistrat zu schicken sowie zu den Sitzungen der Ortsbeiräte zu gehen, ermunterte Bolle die Zuhörerinnen und Zuhörer, sich einzumischen. Allerdings sieht er in punkto Verkehr auch Aspekte, bei denen sich Bürgerinnen und Bürger an die eigene Nase fassen müssten: „Eine verkehrsberuhigte Stadt fordern, aber zugleich mit dem Auto beim Metzger vorfahren wollen“ – das sei schwer unter einen Hut zu bringen.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Dezember 2010 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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