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Von – 1. Februar 2011

Die Rückkehr der Geschlechterklischees

Es ist fast schon ein Mantra: „Wir brauchen mehr Männer in Kitas!“ Ach ja? Brauchen wir? Warum eigentlich? Angesichts so vieler Studien, die zu dem Ergebnis kommen, es würde der Entwicklung von Kindern schweren Schaden zufügen, wenn sie in den ersten Lebensjahren „nur“ von Frauen umgeben sind (denen allerdings ebenso viele Studien gegenüber stehen, die das Gegenteil nahelegen) fragt man sich langsam, wie Menschen diese frühkindliche Frauendominanz je überstehen konnten.

Frappierend ist vor allem, wie ungeschminkt da uralte Rollenklischees zurückkehren. Mit den Männern können die Kinder toben und raufen und Waldhütten bauen. Aha. Das Problem der traditionellen Strukturen lag jedoch nicht nur in den fixen Rollenzuweisungen an Frauen und Männer. Noch viel schlimmer war, dass in patriarchaler Logik alles, was Männer taten, als wichtig, bedeutsam und wertvoll galt, während das, was Frauen taten, für unwichtig, nebensächlich und „Gedöns“ gehalten wurde. Und genau diese Struktur wiederholt sich häufig in der gegenwärtigen „Mehr Männer in Kitas“-Diskussion. Ohne die Männer geht eben offenbar gar nichts.

Kinder sollten vor allem lernen, ihren eigenen, individuellen Wünschen und Begabungen zu folgen, egal ob Mädchen oder Junge. Dabei ist das Projekt „Männer in Kitas“ nur dann eine positive Unterstützung, wenn gleichzeitig die alten Klischees – die eben leider auch von Erzieherinnen und Erziehern oft reproduziert werden – bewusst reflektiert und hinterfragt werden. Geschieht das nicht, sind reine Frauenteams für die Kinder mindestens ebenso gut, wenn nicht besser.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es ist zu begrüßen, wenn junge Männer heute Berufe ergreifen, die früher als „weiblich“ galten, und die deshalb bis heute wenig gesellschaftliche Anerkennung genießen. Jeder Mann, der Erzieher werden will, sollte nach Kräften unterstützt und in den Einrichtungen willkommen geheißen werden, und zwar auch in seiner Unterschiedlichkeit und mit eventuellen neuen Ideen.

Aber eben nicht um den Preis, dass die Qualitäten und Leistungen von Frauen im Gegenzug wieder einmal geringgeschätzt werden. So wie die Debatten heute manchmal geführt werden, ist zu befürchten, dass das Bild des großen Zampanos, des männlichen Helden und Retters von Frauen und Kindern, jetzt auch schon in die Krabbelstuben Einzug hält.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Februar 2011 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.