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Von – 27. April 2011

Eine perfekte Interpretation der Johannes-Passion

In seinen 65 Lebensjahren komponierte Johann Sebastian Bach, zumeist unter extremem Zeitdruck, an die tausend Werke. Umso erstaunlicher ist es, welch minutiöse Perfektion selbst seine großen Kompositionen aufweisen. Zu diesen großen Werken gehört unzweifelhaft die Johannes-Passion, die in der Karwoche des Jahres 1724 uraufgeführt wurde. In ihrer konzeptuellen Anlage erscheint sie wesentlich dramatischer als die eher filigrane Matthäus-Passion. Die ganze Macht des Volkes (personifiziert durch die Chöre), das lautstark die Auslieferung und Kreuzigung Jesu fordert, wird hier greifbar. Dafür ist der im letzten Chor erreichte Frieden umso tiefer und dauerhafter: „Ruht wohl, ihr heiligen Gebeine, die ich nun länger nicht beweine“.

Bei einer Aufführung der Johannes-Passion in der Heiliggeistkirche lieferte Paulus Christmann am Dirigierpult eine perfekte und mitreißende Interpretation. Der Dirigent bemühte sich stets um einen maximalen Grad an Authentizität. Gemeinsam mit den auf historischen Instrumenten spielenden Deutschen Philharmonikern und der Frankfurter Singakademie gelang es ihm, die ganze Schönheit dieses Werkes, die eben nicht im Pathos, sondern in der Schlichtheit liegt, auferstehen zu lassen. Die Solistinnen Yvonne Hettegger (Alt) und Katharina Wollitz (Sopran) rundeten das Klangerlebnis zu einem Hochgenuss ab, ihre Arien in weicher Modulation singend.

Christmann gelang es, mit geschickten Dynamikwechseln elegante Spannungsbogen aus dem Notentext aufzubauen. Sehr ausgewogen war die Abstimmung von Arien, Chorälen und Orchestertutti. Der Chor intonierte sehr sauber, und die reinen Solo-Stimmen verwoben sich sanft ineinander. Auch die männlichen Vokalsolisten fügten sich in das Konzept: Der Tenor Andreas Karasiak, auch überzeugend den Evangelisten gebend, gefiel in einem sphärischen „Ach, mein Sinn“, Andreas Czerney, Bassstimme singend, bewegte sich mühelos durch das „Betrachte, meine Seele“.

In seinem klugen und durchdachten Dirigat fand Christmann perfekte Lösungen für Agogik und Rubato. Der historischen Aufführungspraxis entsprechend gelang es ihm, die Musik in einen rhythmischen Fluss einzubinden, der kontinuierlich alle Teile des Werkes durchströmt und verbindet. Dies traf auf den Chor und das Orchester gleichermaßen zu. Beide Klangkörper fanden ideal zusammen, intonierten makellos und erleichterten so ungemein das Durchhören der Stimmen und der harmonischen Bezüge der Partitur.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 27. April 2011 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe .

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