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Von – 27. April 2011

Musik ist auch Verkündigung

Als Johann Sebastian Bach 1723 seine Stelle als Thomaskantor in Leipzig antrat, gehörte es zu seinen Aufgaben, für jeden Sonntag des Kirchenjahres eine Kantate zu komponieren, einzustudieren und im Gottesdienst aufzuführen.

So entstanden fünf Kantatenjahrgänge, also insgesamt rund 300 Kantaten, von denen leider nur 200 erhalten sind. Im Werkverzeichnis sind sie aus guten Gründen ganz vorne angesiedelt (BWV 1-200), stellen sie doch ein Monumentalwerk der Musikgeschichte und ein meisterhaftes Kompendium protestantischer Frömmigkeit dar.

Die Tradition, im Gottesdienst eine Kantate aufzuführen, wird jetzt in der Katharinenkirche an der Hauptwache wieder aufgegriffen – wenn auch zunächst nur an den wichtigsten Feiertagen. „Der Himmel lacht! Die Erde jubilieret“ (BWV 42) heißt das Werk, das dort am Ostersonntag, 24. April, um 10 Uhr erklingt.

Mit Hilfe von Musik findet der Bibeltext nicht nur in den Kopf, sondern auch in Herz und Gemüt Eingang. Diese „gesungene Verkündigung“ dauert in etwa zwanzig Minuten. Sie findet ihren Platz traditionell zwischen Lesung und Predigt. Zweiteilige Kantaten haben während des Abendmahls einen weiteren liturgischen Ort.

Der erste Jahrgang der Bachschen Kantaten greift in der Regel nach einem Eingangschor in einem Rezitativ die Lesung auf, kommentiert sie in einer Arie, setzt mit einem weiteren Rezitativ die Lesung fort und endet mit einem Choral, der auch als Gemeindegesang ausgestaltet sein kann. Die Singstimmen übernehmen bestimmte Rollen: der Tenor wird Erzähler, der Bass übernimmt eine Person (zum Beispiel den Christus), der Alt hat die Rolle der Sünderin und Büßerin, der Sopran die der Erlösung und Gnade oder die eines Engels. Vom Textumfang her ist eine Kantate mit einem Kirchenlied vergleichbar und hat die Aufgabe, das Wort Gottes zu vertiefen, zu pointieren und zu interpretieren.

Indem Bach-Kantaten nicht im Konzertsaal erklingen, also losgelöst von ihrer gottesdienstlichen Funktion, sondern in einer Kirche im Rahmen eines Gottesdienstes, erlangen sie ihren ursprünglichen Sinn zurück. Obwohl die gesungenen Texte knapp 300 Jahre alt sind, besitzen sie in der Verbindung mit Bachs Musik eine auch heute noch aktuelle Bildkraft und Innigkeit.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 27. April 2011 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.